Was mir zur Frage: "Bist du müde?" einfällt

Ob du es glaubst oder nicht, eine der Standardfragen bei Begrüßungen hier in Albanien ist die Frage: "A je i lodhe?" - das bedeutet: "Bist du müde?"

Ich dachte zuerst der Mechaniker um die Ecke machte einen Scherz, als er mir diese Frage auf Deutsch stellte. (Er kann ein paar Brocken.)

Aber mit der Zeit habe ich festgestellt, dass dies eine der Fragen ist, die sich Menschen in der Begrüßung gegenseitig stellen. Ob auf der Straße, beim Friseur oder beim Einkaufen. Überall begegnet einem diese Frage.

Es ist eine Frage, die nur typisch ist für die Region, in der wir leben.

Wie kommt es, dass sich Menschen diese Frage stellen? Wieso fragen sie nicht: Bist du ausgeruht?

Wahrscheinlich hat sich diese Frage über viele Jahrzehnte entwickelt. Kann es sein, dass diese Frage von der Mut- und Hoffnungslosigkeit der Menschen zeugt?

Für mich ist diese Frage keine von vielen Fragen, die man sich hier gegenseitig um die Ohren haut. Für mich geht diese Frage tiefer und sie trifft mich an einem sehr wunden Punkt.

Ich bin nämlich müde. Eigentlich immer. So antworte ich nicht immer, aber so fühle ich meistens. Antworten tue ich manchmal mit "pak" was wenig bedeutet.

Die große Frage ist: Wie gehe ich mit dieser Müdigkeit um, die meine Lebensqualität all zu oft einschränkt?

Der Pfahl im Fleisch

Die Müdigkeit, die mich belastet, ist wohl der sogenannte Pfahl im Fleisch, wie Paulus ihn in 2.Korinther 12 beschreibt. Dort beschreibt Paulus ein Leiden, das Gott gebraucht, um ihn zu demütigen und zu heiligen. Ausleger streiten darüber, welche Art von Leiden Paulus belastete.

Ich dagegen brauche keinen Ausleger, der versucht zu erklären, was bei mir dieser Pfahl im Fleisch ist. Dieses Leiden, durch das mich Jesus demütigen und heiligen will.

Es ist genau das Thema, welches die Menschen immer wieder aufbringen. Bist du müde?

Ja, ich bin müde.

So viel will ich noch mal sagen. Diese Müdigkeit ist jedoch anders, als die, die Menschen empfinden, die mal eine Zeit lang zu wenig Schlaf bekommen. Diese Müdigkeit, unter der ich leide, ist ständig da, auch wenn ich sehr gut und lang geschlafen habe. Sie geht für ein paar Stunden am Morgen und dann ist sie über den Mittag wieder da. Aber dann ist es auch schwer, sie wieder wegzubekommen.

Ich will nicht jammern. Das würde nichts bringen. Ich will das Beste aus der Situation herausholen. Ich bin hier, weil ich einen Auftrag habe. Und von diesem Auftrag wird mich meine Müdigkeit nicht abhalten.

Mein Wunsch

Ich will von ganzem Herzen erleben, was es heißt:

Meine Kraft ist in den Schwachen mächtig.

Ich will wissen, was es bedeutet, wenn der HERR sagt: Meine Gnade ist alles, was du brauchst.

Ich will wissen, was Paulus damit meint, wenn er sagt:

Wenn ich schwach bin, bin ich stark.

Ich will wissen, wie ich dahin kommen kann mit Paulus zu sagen:

Ja, ich kann es von ganzem Herzen akzeptieren, dass ich wegen Christus mit Schwachheiten leben muss.

Am Ende frage ich mich: Kann ich das wirklich sagen: Wenn ich müde bin, bin ich stark? An diesem Punkt bin ich noch nicht. Vielleicht bin ich sogar weit davon entfernt. Ehrlich gesagt: Ich fühle mich schwach, wenn ich müde bin.

Aber ich höre nicht auf, danach zu fragen, wie ein Leben aussieht, das Christus verherrlicht mit all der Müdigkeit, die ich empfinde.

Unsere Kinder öffnen die Türen zu den Herzen

Unsere Kinder kosten manchmal ziemlich viel Kraft, vor allem Gideon. Hin und wieder beneide ich unsere Teammitglieder für das selbstbestimmte Leben, dass sie ohne Kinder leben können. Aber wir sind so reich beschenkt durch Gideon und Livia und sehen es als großen Segen an, mit ihnen hier zu leben. 

Die Fröhlichkeit von Gideon und die Niedlichkeit von Livia sind ein Schlüssel zu den Herzen der Menschen hier. Ja, es ist anstrengend, wenn der Kleine durch ein fremdes Wohnzimmer tobt, aber es löst auch die Spannung und lockert das ganze auf. Heute nahm er die Spielzeug-E-Gitarre und zeigte der kleinen Nachbarin, wie man so ein Ding richtig bedient. Aus vollstem Herzen sang er ein Lied und schlug dabei die imaginären Seiten an. Das hat Eindruck gemacht. Zuhause bei uns hat er nur ein Holzbrett, dass zu seiner Gitarre geworden ist...

Damit ihr einen Eindruck davon bekommt, wie es unseren Kindern derzeit geht, haben wir hier mal ein paar Bilder zusammengestellt.

Gezuar Vitin e ri - Frohes Neues

Heute haben wir den ersten Tag des Neuen Jahres gefeiert. Hier in Albanien sind dieser und der morgige Tag die höchsten Feiertage im ganzen Land. Sie bedeuten den Menschen sehr viel. Für uns als Deutsche dagegen ist Neujahr einfach nur der Tag nach dem Sylvesterabend.

Es gab für uns also viel Neues zu lernen. Was nun hinter diesem wichtigen Fest steckt und wie wir uns selbst darin wiedergefunden haben, davon will ich in diesem Artikel kurz berichten.

Die Vorbereitungen

Wir durften in den letzten Tagen live miterleben, wie sich die Menschen um uns herum auf diese höchsten Feiertage vorbereitet haben.

Das Feuerwerk am Sylvesterabend

In Deutschland kann man erst drei Tage vor Sylvester Feuerwerkskörper kaufen. Hier in Albanien gab es Kracher und Böller schon zwei Wochen vor Weihnachten zu kaufen. Dementsprechend fing auch schon zu der Zeit das Geballere an.

Scheinbar stört das hier niemanden. Auf dem großen Platz unserer Stadt wurden in den letzten Tagen Unmengen an lauten Böllern losgelassen, während die Polizei daneben stand und das ganze begutachtete.

Gestern Abend ging das Geknalle dann schon 20 Minuten vor Zwölf los. Wir bestaunten ein paar prächtige Raketen. Viele von ihnen sind in Deutschland gar nicht frei verkäuflich.

Das Interessanteste aber war: Drei Minuten nach Zwölf war alles vorbei. Scheinbar waren alle Knaller und Raketen verschossen. Jetzt hört man hier und da noch die heftige Chinaböller knallen. Besonders eindrücklich ist das Echo, das sich an der etwa 300 m hohen Felswand bricht, die sich in der Nähe unseres Hauses befindet.

Der Besuchsmarathon

Anstatt auszuschlafen bereiten sich die Menschen darauf vor, den ganzen Tag ihre Freunde, Verwandte und Nachbarn zu besuchen oder Besuch zu empfangen. Wir gingen auch um 11 Uhr zu unseren Vermietern runter. Sie waren schick gekleidet und auf dem Tisch befanden sich all die Kostbarkeiten, von denen ich oben schon geschrieben habe: Getränke, Obst, Süßigkeiten und Baklava.

Das besondere an den Neujahrsbesuchen ist: Ganze Familien besuchen sich gegenseitig. Das was man sonst überhaupt nicht in der Stadt sieht, ist also an Neujahr normal: Familien sind gemeinsam in der Stadt unterwegs. Die Besuche sind jedoch meist nicht lang. Man trinkt und isst etwas, befragt sich gegenseitig über das Ergehen der ganzen Familie und dann ist es auch schon wieder vorbei.
Wichtig dabei ist, dass man sich gegenseitig besucht. So dauerte es also auch nicht lange, und wir bekamen  Besuch. Wir hatten natürlich nicht so toll aufgetischt, aber wir haben uns bemüht.

Am Ende des ersten Tages haben wir vier Besuche hinter uns. Morgen geht es weiter. So starten wir und die Menschen hier ins Neue Jahr.

Also noch einmal: Gezuar Vitin e ri. Frohes Neues.

Winterbilder

Heute morgen haben wir uns Zeit genommen neue Familienbilder zu schießen. Diese brauchten wir für einen Weihnachtsgruß, den wir per Email versandt haben. Man beachte die schicken neuen Mützen der Kinder.

 

Was in Albanien gut funktioniert ...

 

Vieles in diesem Land läuft absolut daneben. Das haben wir schon in vielen Bereichen erfahren dürfen. Doch nicht alles ist schlecht. Das wollen wir an dieser Stelle fest halten.

Heute erklärte mir nämlich mein Sprachhelfer, dass die Post in Albanien eine der wenigen Institutionen sei, die gut funktioniert. Und genau das haben wir in den letzten 7 Wochen so erlebt.

Natürlich waren wir gespannt, ob Pakete und Briefe, die Freunde uns zusenden, auch bei uns ankommen. Im Glauben, dass dies so sei, hatten wir bei der Erstellung unserer letzten Gebetskarte eine Postanschrift angegeben.

Aber es kam immer wieder die Frage auf, ob die Post überhaupt ankommt.

Heute verkünden wir ganz laut, weil wir es selbst erlebt haben:

Ja, die Post kommt bei uns an.

Denn wir haben schon eine Menge Post erhalten und heute kamen sogar richtige Pakete für uns an. Und das Beste ist: keines der Pakete war geöffnet.

Wir sind all denen dankbar, die sich nicht gescheut haben, die Post, den klassischen, jahrhundertealten Kommunikations - und Transportweg, zu nutzen.

Wir fühlen uns dadurch reich gesegnet.

Hier unten findet sich eine kleine Collage von Dingen, die wir schon erhalten haben.

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Alles hat seine Zeit - Ein Gedicht

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Wir sind sehr dankbar für all die ermutigenden Rückmeldungen auf unsere Rundmails. Aber besonders Freude haben wir an Emails mit selbst geschriebenen Gedichten.

Als Antwort auf unsere vorletzte Gebetsmail haben wir mal wieder ein Gedicht erhalten. Weil wir von unserem gefüllten Leben hier erzählten, schrieb uns eine Freundin folgendes schöne Gedicht.

"Alles hat seine Zeit..."
oft Zeit, um Danny zu trösten,
jeden Tag Zeit, den Müll weg zu bringen,
bei Bedarf Zeit, die Beine mal hochzulegen,
auf Wunsch Zeit, ein Buch vorzulesen,
morgens Zeit, sich die Haare zu kämmen,
meistens Zeit, das Essen zu kochen,
bei Übermüdung Zeit, zu Hause zu bleiben,
Viel Zeit, auf eine neue Sprachlehrerin zu warten,
Immer Zeit, den Zeitgeber um Rat zu fragen.
Alles hat seine Zeit! Zur rechten Zeit.

Was ein Stromausfall für uns bedeutet

Der Strom ist mal wieder weg, dachte mich mir, als ich heute Nacht auf unseren Radiowecker schaute. Die großen leuchtenden roten Zahlen auf der Uhr waren nicht da, nur ein schwarzes Feld.

Gut, dass mein Handy noch Akku hatte. Der Handywecker funktionierte also und so konnte ich in der früh, als es noch dunkel war, aufstehen.

Den ganzen morgen hatten wir keinen Strom. Der Strom ist in den letzten Wochen immer mal wieder ausgefallen, aber noch nie war die Zeitspanne so lang.

Ich möchte nun mal aufschreiben, was solch ein Stromausfall für uns bedeutet. Dabei möchte ich nicht jammern, oder Mitleid erwecken. Ich will einfach beschreiben wie es ist.

Zuerst liste ich die Dinge auf, die wir nicht mehr tun können, wenn der Strom weg ist.

Was wir nicht mehr tun können...

Was wir noch tun können...

Zuletzt sei zu sagen: Man gewöhnt sich an alles, auch daran, dass der Strom an einem Sonntagmorgen mal für mehrere Stunden weg ist. Jetzt am Nachmittag ist der Strom seit einer Stunde mal wieder beständig da und wir hoffen, dass es auch so bleibt.

Es wird langsam kalt

Eigentlich ist es noch gar nicht richtig kalt. Wenn man draussen ist, kann man es noch ganz gut aushalten. Aber in unserer Wohnung wird es langsam kalt, zumindest dort wo nicht geheizt wird.

Wir wollen aber nicht jammern, sondern zuversichtlich schauen, was wir unternehmen müssen, um den Winter zu "überstehen". 😉

Aber damit ihr mal einen kleinen Einblick bekommt, haben wir mal ein paar Bilder gemacht, wie die Situation derzeit aussieht.

Der 0,7 cm breite Spalt über unserem Schlafzimmerfenster

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Da braucht man sich auch nicht wundern, wenn man Nachts vom Geheule der Hunde aufwacht. Dieses Fenster ist alles andere als schalldicht. Und es ist auch keine Frage, warum ich vorletzte Nacht einen kalten Windhauch auf meinem Gesicht spürte, als ich mich schlafen legte. (mehr …)

10 Bibelverse die ich lernen will

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Nach 5 Wochen in Albanien muss ich feststellen, dass ich noch nicht so richtig mit den Menschen kommunizieren kann. Vor allem finde ich es schade, dass ich keine Gespräche über geistliche Themen führen kann. Dazu fehlen mir noch zu viele Grundlagen der Grammatik und des Satzbaus.

Eine andere Grundlage,vor allem für gute geistliche Gespräche, ist in meinen Augen die Kenntnis von Versen aus der Bibel. Es wird noch dauern, bis ich ein Gespräch führen kann, aber was ich tun kann, kann ich ja schon mal tun. So habe ich mich entschieden Verse aus der albanischen Bibel auswendig zu lernen. Darüber hinaus möchte ich auch meinen junggläubigen Sprachhelfer in diesem Bereich herausfordern, in dem ich mit ihm gemeinsam an diesem Ziel arbeite.

Ich habe mal für mich eine Liste der 10 wichtigsten Bibelstellen heraus gesucht. Diese Liste ist natürlich sehr subjektiv. Mein Ziel war es vor allem die wichtigsten Wahrheiten über Jesus und die Erlösung herauszustellen. (mehr …)

Wie der Herr mit uns umgeht

"Wen der Herr für schwere Aufgaben zubereiten will, den löst er von Menschen, zerbricht ihm alle sonstigen Stützen und bindet ihn an sein Wort. Nun darf der Mensch im Abhängigkeitsverhältnis zu seinem Herrn stehen und von ihm alles erwarten."

Alex Omenzetter, "Ich kann es nicht vergessen" 21.

Dieses Zitat bekam ich am Anfang unseres Dienstes hier zugesandt. Es hat mich tief bewegt. Ich möchte es mit dir teilen und wünsche dir, dass du diese Abhängigkeit vom Herrn auch erlebst.

Mein neues Hobby: Fotografieren

Wer es nicht schon bemerkt hat, dem sei nochmal gesagt: Wir lieben es, schöne Fotos zu machen. Dies kann ich, glaube ich, auch als mein neues Hobby bezeichnen. Ich möchte es Ausgleich nutzen und die fremde, schöne Welt um mich herum mit der Kamera ablichten.

Flickr, ein Fotostream-Service bietet mir die Möglichkeit die Bilder in höchster Qualität hochzuladen. Vielleicht hast du Interesse dir die Bilder dort anzuschauen.

[flickr_photostream]

http://www.flickr.com/photos/100351259@N07/

 

Ein Schnaps zu aller Zeit

IMG_7448Stell dir vor, dein Nachbar, der unter dir lebt, lädt dich zum Kaffee ein. Du nimmst diese Einladung an und gehst zu ihm runter.

Der Kaffee wird serviert, aber zusätzlich wird noch ein leeres Schnapsglas hingestellt.

In dieses Glas wird dann der selbst gebraute Schnaps eingeschenkt, es sei denn, du lehnst dankend ab.

Genauso erging es mir zuletzt. Ich musste mich tatsächlich verteidigen, warum ich nicht mittags um 14 Uhr einen Schnaps trinke. Ihr Argument war: Du bist doch ein Mann.

IMG_7446-3Der Schnaps, von dem die rede, heißt Raki. Er wird hergestellt aus gegorenen Trauben. Die Trauben entstammen meist der eigenen Ernte. Fast überall wächst der Wein hier in den Gärten.

Letzte Woche hatte ich die Möglichkeit, die Raki-Herstellung bei meinem Nachbarn von nebenan zu beobachten.

Darüber habe ich ein kleines Video erstellt.

Am nächsten Tag stellte dann auch mein Nachbar von unten seinen eigenen Raki her.

Morgens früh um sieben brannte schon das Feuer unter dem Topf mit den Trauben. Die Raki-Produktion lief dann bis in den Abend und am nächsten Tag ging es weiter.

Die Menschen hier haben nicht viel, aber was sie haben ist Zeit, um ihren eigenen Schnaps zu brennen.

Ich möchte die Menschen um mich herum nicht verurteilen für diese Lebenskultur. Es ist Teil ihres Lebens. Ich weiß allerdings für mich, dass ich mich in diesem Bereich nicht der Kultur anpassen werde.

Ich werde nicht zu jedem Kaffee einen Raki trinken. Und ich hoffe, meine Nachbarin sieht bald ein, dass sie mir nicht immer noch ein Schnapsglas bereitstellen muss, wenn sie mir den Kaffee serviert.

Foto-w400Gestern habe ich eine Flasche von dem selbstgebrannten Schnaps geschenkt bekommen. Dankbar nahm ich die Flasche an. Als ich das vergilbte Etikett der Vokda-Flasche sah, fragte ich mich, wieviele Liter Raki wohl schon in diese Flasche abgefüllt wurden.

Es ist auf jeden Fall gut zu wissen, dass Alkohol die Bakterien abtötet.

Ich bin mal gespannt, wie lange diese Flasche bei mir hält.