Letzte Wochen in Albanien

Es ist fünf Uhr morgens. Ich kann nicht mehr schlafen. Heute ist der 1.Juni  und damit hat unser letzter Monat in Krume begonnen. Schon wenn ich das schreibe könnte ich heulen. 

Wie so oft in den letzten Wochen und Monaten kreisen meine verschlafenen Gedanken zu so früher Stunde nur um das eine: wir gehen von hier weg. Bald wird Krume ein Kapitel unseres Lebens sein, das abgeschlossen ist, ein ganz neues tut sich auf, in Deutschland. Diese Gedanken sind begleitet von vielen unterschiedlichen Gefühlen, aber doch hauptsächlich mit einer großen Trauer und einem großen Schmerz. Fast acht Jahre leben wir nun hier und unser Leben, unser ganzes Sein ist sehr eng verwoben mit dem Leben und den Menschen hier.

Wir haben unseren Dienst mit Freude und Hingabe getan, die Schwierigkeiten und Herausforderungen, die wir gerade am Anfang und am Ende unserer Zeit hier hatten, all das hat uns nur noch enger mit diesem Ort verbunden. Unseren jetzigen vertrauten Umgang mit dem Leben hier, den haben wir uns erkämpft. Und so wie eine Ehe durch erfolgreich durchlebte Stürme stärker wird, so auch unsere Verbindung zu hier. 

Da ist die Traurigkeit. Mir sagte jemand, dieser Prozess ist zu vergleichen mit dem Verlust eines geliebten Menschen. Es ist ein bewusstes loslassen gefragt und ein immer wieder voller Vertrauen sich an Gott hängen. Ängste, die hochkommen, zu Gott bringen. Schmerz, der manchmal sehr heftig sein kann, spüren und loslassen. Es stirbt niemand wirklich, aber es scheint, als ob etwas in einem stirbt. Etwas, das man festhalten will, und je fester man es hält, desto schneller rinnt es einem zwischen den Fingern hindurch, wie Sand am Meer. Es ist unaufhaltsam. 

Ich weiß, dass es so richtig ist. Aber diese rationalen Gedanken verlieren meist gegenüber den starken Gefühlen der Trauer. 

Ja, natürlich freut man sich auch wieder auf einiges in Deutschland, aber um ehrlich zu sein, ist das im Moment sehr in Hintergrund. Als Danny in Deutschland war und im Haus gearbeitet hat, sprach ich per Video mit ihm und ein alter Freund fragte dazwischen voll Enthusiasmus: “Und freust du dich schon auf euer neues Haus?“ Ehrlich gesagt hat mich dieses Frage völlig überrumpelt und ich konnte gar nichts antworten. 

Es ist nicht, dass ich mich nicht freue und dankbar dafür bin. Aber im Moment bin ich noch so eingenommen von allem hier, dass es mir schwer fällt, mich schon auf das kommende richtig vorzubereiten. (Mein Mann ist da anders und das ist im Moment auch sehr gut so, wenn auch teilweise herausfordernd, wenn es darum geht, sich gegenseitig zu verstehen.)

Ich habe seit einigen Tagen begonnen, ein gutes Buch zum Thema „Re-Entry“ zu lesen. Re-Entry ist das englische Fachwort für das Zurückkehren eines Missionars vom Missionsfeld. Ich habe schon viel darüber gehört und auch gelesen, habe Erfahrungsberichte erzählt bekommen und selbst schon mal einen erlebt, als ich nach einem Jahr Haiti zurück nach Deutschland kam. Es ist etwas, das ich fürchte. Etwas, vor dem ich Respekt habe. Nicht nur wir Erwachsenen machen das durch, sondern auch unsere Kinder. Und jedes auf seine Art und Weise. 

Man kommt in seine Heimat zurück und fühlt sich fremd. Orientierungslos. Allein. Einsam. Unverstanden. Da ist man doch zurück bei Familie und Freunden, aber man fühlt sich nicht mehr dazugehörig, irgendwie wie von einem anderen Stern. Die tief eingeprägte Vergangenheit, all die Jahre in der fremden Kultur, sie haben mich verändert, haben mein Innerstes umgeformt und das sieht man von außen nicht aber das ist es, was mich ausmacht. 

Oft ist der Schock, den man dann erlebt, wenn man in seine Heimat zurückgekehrt größer als der, den man immer so fürchtet, wenn man ausreist. 

Ja, es sind die letzten Wochen hier. Bald wird diese Phase meines Lebens zu Ende gehen. Wie tröstlich sind für mich die Worte aus besagtem Buch:

„Wenn es Gottes Wille für dich ist zu gehen, dann musst du dein Vertrauen in ihn setzen. Gott wird sich um das kümmern, was nicht in deiner Hand liegt. Er will, dass dein ganzes Vertrauen in ihm liegt!“ (Peter Jordan, „Re-Entry“)

Und dieses Wissen aus Psalm 94,18-19 ist mir sehr kostbar:

„Wenn ich sagte: Mein Fuß wankt! (So fühlt sich das oftmals an im Moment…)
So unterstützte mich deine Gnade, Herr.
Als viele unruhige Gedanken in mir waren,
Beglückten (liebkosten)
Deine Tröstungen meine Seele.“

Gott ist treu und er wird mir auch in dieser herausfordernden Phase meines Lebens helfen!

Die Schönheit im Mangel

Ich würde nicht sagen, dass wir wirklich Mangel leiden. In den acht Jahren hier in Krume hatten wir immer alles, was wir brauchten. Und in den letzten Jahren hat auch das Sortiment an Lebensmitteln enorm zugenommen. Jetzt bekomme ich hier sogar Balsamico Essig und (fast deutsche) Butter und noch vieles mehr. 

Dennoch, wenn man es mit dem vergleicht, was man in Deutschland an jeder Ecke bekommt, ist es nicht viel. Und klar vermisst man hier und da guten Käse, leckere Wurst usw. Bei dem Gedanken, bald wieder in Deutschland, im Land des Überflusses, zu leben und alle geliebten Produkte zur Verfügung zu haben, wann immer ich will, da ist zum einen natürlich Vorfreude. Aber immer mehr merke ich, dass dieser „Mangel“ an gewissen Dingen auch dazu geführt hat, dass ich vieles viel mehr schätze und intensiver genieße. Und das hat mein Leben sehr reich gemacht. Und mit Freude erfüllt. Und besonders gemacht. 

Zum Beispiel haben wir in Tirana den Rossmann. Dorthin kommen wir sehr selten. Daher ist jeder Besuch bei Rossmann eine kleine Attraktion, eine große Freude, ein Event. Bald werde ich diesen Laden 5 Minuten entfernt von meinem Haus haben. Ich werde mehrmals im Monat dort hingehen. Das besondere wird er schnell verloren haben. Ein Event wird es sicher bald nicht mehr sein und mein Herz wird sich nicht mit kindlicher Vorfreude füllen, bei dem Gedanken, dort einzukaufen, oder einfach auch nur durchzuschlendern.

Manchmal bekamen wir Pakete mit besonderen Sachen, zum Beispiel einem guten Käse. Wie habe ich diesen dann gehegt und gepflegt, langsam geöffnet und in kleinen Happen genossen. So was besonderes. Und wenn er weg war, war er weg und ich wusste, dass ich nicht zum Rewe gehen und einen neuen kaufen kann. Der Rewe wird bald ebenfalls 5 Minuten entfernt sein von meinem neuen Zuhause. 

Die Schönheit des Mangels wird so schnell nicht mehr da sein. Natürlich werden wir sicher den Luxus immer anders schätzen als andere, die nie in einem ärmeren Land gelebt haben. Dennoch wird diese Art des Lebens, wie wir es hier hatten, in Deutschland nicht mehr möglich sein, schlicht und einfach, weil ja alles da ist. 

Wenn ich über unser Leben und so manche Einschränkungen, die damit verbunden sind und waren nachdenke, dann erfüllt mich eine Dankbarkeit. Ich sehe die Schönheit, die mit Mangel einhergeht, die Vorfreude und Freude über einfaches, in Deutschland völlig normales. Das hat mein Leben so reich gemacht und meine Seele gesättigt, anstatt meinen Körper. 

Ich möchte auch in Deutschland nie vergessen, das alles nicht selbstverständlich ist. Will mich erinnern, welchen Zauber der Rossmann ausgeübt hat in einem fremden Land. Welche Freude ein einfaches Stück Gouda und eine Leberwurst bedeudeten. Die unbändige Begeisterung, als hier eine kurze Zeit Tiefkühl Apfelstrudel zu finden war oder Magnum Eis in der Truhe lag. Uns geht und ging es so gut hier! Und nicht alles zu haben, was wir gewöhnt waren, hat dazu beigetragen, dass unsere Herzen noch froher und dankbarer wurden. Und darin liegt die Schönheit im Mangel. 

Über das harte Leben mancher Frauen in Albanien

Ich bin eine Frau. Daher sehe ich das Leben hier aus den Augen einer Frau und ich fühle mit dem Herzen einer Frau. Und ich liebe die Frauen hier und es macht mir viel Freude, ihnen das zu zeigen. Schon öfter habe ich hier Geschichten von Frauen erzählt. Von Freundinnen oder flüchtigen Bekannten. Und schon oft habe ich geschrieben, dass ich großen Respekt habe vor ihnen. Wo ich am Anfang immer mal dachte: „Jetzt lass dir doch nicht alles gefallen. Steh doch mal auf für dein Recht!“ - da denke ich jetzt viel öfter: „Was für eine starke Frau das ist. Was sie nicht alles erlitten hat und noch erduldet.“ Damit meine ich nicht unbedingt, dass ich es immer gut und richtig finde, wenn Frauen hier alles möglich hinnehmen. (Zum Beispiel dass der Mann sie schlägt, oder die Kinder, oder dass sie ihn völlig besoffen auf der Straße aufsammelt oder dass der Mann, der im Ausland lebt eben dort eine weitere Frau und Kinder hat…)

Ich will oft aufstehen und vor lauter Ungerechtigkeit laut aufschreien, will diesen Männern mal gewaltig die Meinung sagen, will den Frauen helfen, ihren schlimmen Lebensumständen zu entfliehen… doch die nackte, grausame und ungeschönte Wahrheit ist: Man kann sehr wenig machen!

So traf ich letzte Woche eine junge attraktive Frau, die Schwester meiner Nachbarin. Sie hat zwei Söhne lebt in der Hauptstadt. Von meiner Freundin hatte ich schon gehört, dass sie gewaltige Eheprobleme hat und sich trennen will. Das ist schon ein grober Schritt für eine albanische Frau und ist nur dann möglich, wenn sie Unterstützung von seitens ihrer Familie hat. Ansonsten kann eine Frau (jedenfalls in unserem Kontext) nicht viel machen. Ich nahm mir Zeit für sie und wir fuhren in ein nettes Café etwas außerhalb der Stadt um in Ruhe reden zu können. 

Nach anfänglichen seichteren Themen erzählte sie mir von ihrer Ehe. Ihr Mann lebt in England. Er hat kaum Interesse an ihr und den beiden Söhnen. Natürlich hat auch er eine andere Frau oder Geliebte in England (ich kann mir gar nicht vorstellen, wie es einem als Frau da gehen muss…). Er beschimpft sie oft. Wenn er da ist, schlägt er sie, auf vor den Kindern. Er überwacht sie eifersüchtig, weiß über seine Familie (bei der sie wohnt) immer Bescheid, wo sie ist. Er teilt in keinster Weise sein Leben mit ihr, erzählt ihr nichts, was er tut, ob er was verdient. Das ist alles seine Sache und geht sie nichts an. Geld sieht sie nicht. Ihr Handy wird von ihm kontrolliert (wie sehr oft von den Männern hier…)

Ich bin sehr traurig, diese Dinge zu hören. Sie hat Tränen in den Augen und fragt mich, was sie denn machen soll. Sie ist zu ihrer Familie gezogen, allerdings ist das auch keine bleibende Lösung. Sie hat sich sogar eine Anwältin genommen, allerdings hat sie Angst, dass diese von ihrem eifersüchtigen Mann und dessen Anwalt eingeschüchtert oder/und bestochen wurde. (Nicht zu wissen, dass der Anwalt, den man bezahlt, auch wirklich für mein recht und gutes Eintritt, das ist schon echt beschissen - aber leider traurige Realität in Albanien.)

Nun will sie von mir wissen, was ich denke, will wissen, ob es ok war, zu gehen. 

Ihre Oma und Tante meinen, sie solle zurück gehen. Das muss man aushalten. (Da ältere Frauen oft selbst sehr viel erlitten und erduldet haben, scheint es mir oft so, als ob es auch nur diesen Weg gibt für sie. Wenn wir das erleiden konnten, dann könnt ihr das auch. - so klingt das jedenfalls oft in meinen Ohren und diese Frauen wirken auf mich sehr erbarmungslos. Haben aber eben auch oft ihre ganz eigene Leidensgeschichte und wurden vom Leben hart gemacht.)

Sie sagen, sie könne doch nicht zulassen, dass die Jungs „auf der großen Straße“ aufwachsen, d.h. ohne festen familären Rahmen, der sie in ihre Grenzen weist. 

Ich sage ihr meine Meinung dazu. Wie ich es auch aus der Bibel verstehe.

Ich weine mit ihr und ich bete für sie. Mehr kann ich nicht tun. 

Am nächsten Tag gebe ich ihr noch eine Karte mit ein paar persönlichen Worten und einem Psalmgebet mit auf den Weg. Und lege diese kostbare, von Gott geliebte Frau in seine Hand. Er wird für ihr Recht sorgen. Er wird eines Tages alles zum Recht bringen. Wird Ungerechtigkeit ausrotten. 

Mein Gebet ist es, dass sie wirklich erlebt, dass Jesus sie liebt, dass sie wertvoll ist, ganz gleich, wie ihr Mann sie behandelt, dass ihr Wert in Gottes Augen liegt, nicht in denen der Welt. Dass er gute Pläne hat mit ihr. 

Das sind meine Gebete für alle Frauen hier und auf der ganzen Welt, die unter solch harten Umständen leben müssen. Ich habe hier hautnah soviel erlebt an Not und Ungerechtigkeit im Leben von Frauen. Aber Gott sieht es auch! Und das beruhigt mich innerlich sehr, dass ich das weiß! 

Bin ich bereit?

Hier sitze ich. Bin ganz da in diesem heiligen Moment. 

Ein Vogel gibt sein Konzert auf einem nahen Baum. Um mich grünt und blüht es. Löwenzahn in seiner gelben Pracht. Bietet sich bereitwillig den eifrigen, pollenbeladenen Bienen dar. Geöffnet steht er da, leuchtend und einladend.

Daneben stehen schon andere, verblüht, jetzt bereit sich völlig dazugeben. 

Ready to be offered. 

Wie wunderschön sie aussehen, leuchtend weiß jetzt, zart und verletzlich die einzelnen Samen mit ihren Schirmen, die sie bald hinweg tragen werden an ihren Bestimmungsort. Warm scheint die Sonne durch sie, macht sie noch so viel schöner. All das Licht, dass sie durchlassen…

Sie sind bereit, sind bereit, loszulassen. Bereit, kahl dazustehen. Ihr ganzes Leben herzugeben. Das eigene Leben aufzugeben, um sich zu multiplizieren. 

Ich liebe diese Blumen, liebe ihren Lauf, ihr Werden, ihr Hingeben.

Bin ich bereit, zu geben, loszulassen, fliegen zu lassen, dem Wind Raum zu geben, wohin er auch trägt? Dem Geist zu erlauben, zuzulassen zu wehen, wo er will?

Und ich sehe die Bienen. Sie fliegen hin und her und scheinen ohne große Absicht und doch hinterlassen sie überall „Leben-Leben-Leben“. Das ist es, denke ich. Das will ich das mein Leben tut. Das will ich hinterlassen, wo auch immer ich bin, mit wem ich auch immer zusammentreffe. Will Leben-Leben-Leben zurücklassen. Durch Gottes Geist und seinem Wirken in Menschen hier und da dieses Leben wecken. Welche Frucht dabei entsteht ist dabei Gottes Sache. 

Das Sein in der Natur schafft in mir so eine tiefe innere Ruhe, ihr Klang, ihre Schönheit, Teil davon zu sein…

Der Löwenzahn wächst überall. Und Gott schenkt auch mir diese Fähigkeit.

Die Biene arbeitet unermüdlich überall. Und Gott schenkt auch mir diese Gnade.

Wie machst du dein Bett?

Was ist das für ein komischer Titel für einen Artikel? Vielleicht fragst du dich das. 

Vielleicht machst du dein Bett gar nicht, oder schnell schnell, oder mit viel Liebe und Sorgfalt. Vielleicht machst du es gerne oder total ungern oder eben auch gar nicht. 

Ich möchte euch hier kurz erzählen, wie ich seit einigen Wochen mein Bett mache. Da unser Bett im Wohn- und Arbeitszimmer steht ist es für mich wichtig, dass es gemacht ist. Dort verbringen nicht nur wir unsere Zeit, sondern auch unsere Kinder zum Spielen, Film anschauen und auch immer wieder unsere Teammitglieder, z.B. am Sonntag zum Gottesdienst feiern via Internet. Nun, unser Schlafzimmer ist hier alles andere als das heilige „hier darf keiner rein“ Zimmer. 😉 

Doch wie mache ich nun mein Bett? Damit meine ich nicht, wie ich die Decken ausschüttel, die Kissen zurechtrücke und die schöne Tagesdecke drüber lege. 

Ich meine vielmehr: mit welchem Herzen mache ich es…

Das Bett machen ist eine extrem alltägliche Sache. Jeden Morgen denke ich: Wow, schon wieder ein Tag vorbei. Wie schnell die Zeit rast. 

Doch seit ich ein Lied lieben gelernt habe, ist das morgendliche Bettmachen eine Freude für mich geworden. In dem Lied „Time“ von John Lucas (unbedingt anhören) heißt es im Refrain:

And I don’t know the end and tomorrow’s story

But I have found the one who gives me rest

And I will make my bed in his promises

For he holds true when nothing’s left.

(Nicht ganz einfach zu übersetzen, ich hab es mal sinngemäß versucht:

Und ich kenne weder das Ende noch die Geschichte von morgen

Aber ich habe den gefunden, der mir Ruhe gibt

Und ich werde mein Bett in seinen Verheißungen machen

Weil er sich als wahrhaftig zeigt, wenn nichts mehr übrig bleibt.

Ich mache mein Bett in seinen Verheißungen. Vielleicht meint es auch: Ich ruhe mich aus in seinen Verheißungen oder: ich lege mich in seine Verheißungen, kuschel mich darin ein, lege mich in ihnen schlafen.

Doch für mich heißt es das, aber auch das ganz praktisch:

Jedem Morgen, wenn ich diese ziemlich eintönige Arbeit mache, aus der Unordnung wieder ein glatt gestrichenes Bett, dann denke ich an Gott und seine Verheißungen. Wenn mir der Gedanke kommt: oh nein, wie schnell nur die Zeit vergeht, habe doch grad vor einer Minute erst das Bett gemacht, dann denke ich an Gott und seine Verheißungen. Dann denke ich daran, dass bei allem, was ich nicht weiß, ich wissen darf: ich kenne den, der mir in allen Stürmen Ruhe gibt. Der mir versprochen hat, mich festzuhalten, mich zu führen, mich zu versorgen, mich bis zum Ende durchzubringen. Ach, so viele Verheißungen. Mit ihnen in meinen Gedanken mache ich mein Bett am Morgen und es kommt mir vor, wie eine Anbetungszeit. 

Probiere es doch auch mal aus! 

Photo by Priscilla Du Preez on Unsplash

Was auch kommen mag

Es ist kurz vor 6 Uhr morgens. Ich liege im Bett. Neben mir schlafen noch mein ältester und mein jüngster Mann. Ich habe nicht rechtzeitig meine Augen wieder geschlossen, nicht schnell genug meiner Gedankenwelt Einhalt geboten, diesen nicht enden wollenden Gedanken, die wie ein Film in meinem Kopf vor mir vorbeiziehen. Habe nicht schnell genug stop gesagt. Stattdessen den Start Button gedrückt, zwar nicht wirklich willentlich, aber wann fragen Gedanken schon, ob sie willkommen sind…

So liege ich da. Und ich denke mal wieder an unseren Abschied hier. Ich denke daran, wie es sein wird, in Deutschland zu sein, ohne Ticket zurück nach Albanien. Wie es sein wird, diese Wohnung leer zu sehen, die doch jetzt noch bis in den letzten Winkel so voller Leben und Uns steckt. So viele Erinnerungen kommen in mir hoch, so viele schöne Momente. Die schweren, die sind in den letzten Monaten eher in den Hintergrund getreten und mein Leben hier erscheint mir im Moment so gut. Das macht es meinem Herzen natürlich viel schwerer. 

Ich sehe den großen Maulbeerbaum vom Fenster aus. Ich lausche den vertrauten Geräuschen des Windes, dem Rattern der Regenrinne. Ich denke an den Frühling, ich denke an meine beiden lieben Freundinnen direkt in der Nachbarschaft. Dieses Leben miteinander. Diese Zeit, in der wir unsere Kinder gemeinsam großgezogen haben (oder noch dabei sind). Ich denke an das Team, an all die lustigen Fahrten in den Kosovo (die im Moment nicht möglich sind), wenn uns in Krume mal wieder die Decke auf den Kopf gefallen ist. Wie viel Spaß hatten wir. Wie kostbar sind und waren mir meine Teamkolleginnen. Ohne sie hätte ich es sicher nicht lange hier ausgehalten…

Ja, unser Leben hier. Es war und ist so voller Einfachheit, voller Leben und Menschlichkeit. Und ich liebe mein Leben hier. Genau so wollte ich leben im Ausland. Einfach mit den Menschen. Einfach ihnen im Alltäglichen Jesus bringen. Ihn vorleben. Liebe und Anteilnahme und Wertschätzung und Vertrauen geben. 

Ich schaue durch den Spalt der Gardine. Es wird schon hell. Ich bin hellwach. Noch vor Henry. Das ist eine Seltenheit. Dieser kleine Junge liegt neben mir. Dieses wunderschöne Gesicht. Wie viel Freude und Lebenskraft er schon unseren alten Nachbarn geschenkt hat. Ich sehe ihn zwischen ihnen laufen, vom Feld kommend, strahlend in seinen bunten Gummistiefeln. 

Mein Herz ist schwer. Bei manchen Erinnerungen schnürt es sich zusammen. All das soll bald vorbei sein. Mein albanisches Leben vorbei. Mein geliebtes Leben in der Außenmission, erstmal vorbei.

Wie wird es werden, wenn wir zurück sind? Wie wird es mir dann gehen? Und wie meinen Kindern? Begreifen sie eigentlich, was da auf sie zukommt?

Später sitze ich an meinem kleinen Schreibtisch. Diesen Platz werde ich mir in Deutschland genau so gestalten und mir damit meinen vertrauten Ort schaffen…

Ich schlage meine Bibel auf. Ich bin gerade im Lukasevangelium.

Hier treten mir Jesu Worte stark hervor und es ist wieder so ein Moment, in dem Gott direkt zu mir spricht. (Lukas 21,14 Elberfelder Übersetzung)

„Setzt es nun fest in euren Herzen, nicht vorher darauf zu sinnen, wie ihr euch verantworten sollt! Denn ich werde euch Mund und Weisheit geben.“

Nun, das sagt Jesus zu seinen Jüngern, als er über die Endzeit redet. Eigentlich ist das im Moment nicht wirklich für mich aktuell. Und doch irgendwie. Ich habe diese Worte so für mich umformuliert: 

Setz es nun fest in deinem Herzen, nicht vorher deinen Gedanken freien Lauf zu lassen, was und wie noch alles kommen wird. Denn ich werde dir helfen und mit Weisheit ausstatten. Ich werde dir alles bereitstellen genau zu der Zeit und Stunde, in der du es brauchst. 

Das sind nun keine Lehren, die ich selbst aufstelle, sondern sie entsprechen zutiefst dem ganzen Zeugnis der Bibel, von vorne bis hinten. Und ich würde zu gerne all die Verse aufschreiben, die mir einfallen. Alle Zusagen und Verheißungen Gottes. Und vielleicht die bekannteste Stelle über sorgenvolle Gedanken sagt es so deutlich:

Sorgt euch nicht um den morgigen Tag, denn der morgige Tag wird für sich selber sorgen. Jeder Tag hat an seiner Last genug. 

Da sind wir wieder bei dem über allem stehenden Thema - Vertrauen. Vertraue ich Jesus so sehr, dass ich meine so geliebte Kontrolle über mein Leben (die ich ja nie wirklich besitze) an ihn abgeben kann? Dass ich wie ein kleines Kind im Heute lebe?

Ann Voskamp beschreibt es in ihrem Buch „Tausend Geschenke“ so:

„Ich soll dem Sohn Gottes und seiner Weisheit vertrauen, in jedem Augenblick, im hier und jetzt. Vertrauen ist ein Werk, vertrauensvolle Liebe ist eine Aufgabe, die ich gezielt und bewusst ausüben soll. Oft will ich die erforderliche Energie dafür nicht aufbringen. Stress und Angst scheinen mich weniger Kraft zu kosten. Es ist einfacher, meinem Verstand mit all seinen Sorgen freien Lauf zu lassen, als Disziplin anzuwenden, ihm die Zügel anzulegen, die Scheuklappen aufzusetzen und ihm beizubringen, in sicherer Gewissheit weiterzugehen, egal, welche Schreckensgespenster am Horizont auftauchen. Sind Stress und Sorgen Symptome einer Seele, die zu träge und undiszipliniert ist, um ihren Blick auf Gott gerichtet zu halten, um in der Liebe mit ihm zu leben?“ (S.168)

So will ich versuchen, am nächsten Morgen, den ich wach liege, nicht Gedanken über was wird wohl werden, was wird wohl nicht mehr sein, wie werde ich es alles „überleben“, solchen Gedanken (die viel zu schnell Sorgen werden und dann Stress hervorbringen)  Einhalt zu Gebieten im Namen Jesu. Er wird sich kümmern und er wird zur rechten Zeit das rechte geben. Ganz sicher. Heute und jetzt bin ich nur aufgefordert, ihm mit meinem hier und jetzt zu vertrauen. Das ist so schön und befreiend!

Wir haben ein Haus gekauft und was ich dazu denke

Nie hätte ich gedacht, dass wir ein Haus kaufen werden.(*kleiner Hinweis: Das Haus im Beitragsbild ist nicht unseres.) Es waren mehrere Gründe, die mich innerlich abhielten, überhaupt daran zu denken. 

Zum einen natürlich die aktuellen Preise von Immobilien. Die gehen teilweise so ins (für uns) utopische, dass ich es schlicht für unmöglich hielt, dass wir uns das je leisten können. Noch dazu find ich es schön, schuldenfrei zu sein. Und auch ungebunden. Nicht festgehalten durch eine Sache. Flexibel und frei. 

Nun, das ist die eine Seite. Auf der anderen Seite hatte ich, wie wahrscheinlich fast jeder, schon immer auch den Wunsch gehabt, mal etwas eigenes zu haben, irgendwo Wurzeln zu schlagen und anzukommen. Nicht zuletzt wünsche ich das meinen Kindern. 

Es kam dann der Tag, an dem wir die Entscheidung, die ich in meinem Herzen immer gefürchtet hatte, wirklich trafen. Nach knapp acht Jahren in Krume geht es zurück. Zurück in ein Land, dass uns teils fremd geworden ist und welches durch Corona wohl kaum wieder zu erkennen ist.  Unser Deutschland, das wir vor acht Jahren verlassen haben, hat sich ordentlich verändert.

Doch vor kurzem hatte ich den Eindruck, als ob Gott mir sagt: Rahel, Deutschland ist nicht eine unbekannte, furchteinflößende Fremde, sondern eine altbekannte Freundin, die du nur wieder neu kennenlernen musst. Nun, dieser Gedanke hilft mir seither und weckt in mir fast etwas Freude auf das erneute kennenlernen.

Genau in der Zeit, in der wir die Entscheidung trafen, bekamen wir ein Haus angeboten. Zuerst taten wir es ab. Doch dann schauten wir etwas genauer hin. Und als wir den Preis hörten, schauten wir noch genauer hin. Und was sollen wir sagen? So vieles passt. Es passt einfach zu uns. Dass es alt ist, dass es einen großen Garten hat, dass wir es selbst noch gestalten können von innen, dass es eine große Wohn- Essküche hat mit Platz für viele viele Gäste. Dass es zentral liegt, dass es in dem Ort viele Albaner gibt, dass es dort eine Gemeinde gibt, die wir kennen … und dass es für uns bezahlbar ist. Ja, es wird noch sehr viel Arbeit kosten, bis wir dort dann irgendwann einziehen können. Aber wir sind zuversichtlich.

Ich hatte selten bei so einer großen Entscheidung so einen Frieden im Herzen. Allein Frieden im Herzen ist nicht alles, aber wenn man eng mit Gott lebt, dann ist das für mich schon ein guter Gradmesser. Und wir empfinden es wirklich als ein Geschenk von Gott in einer Zeit wie dieser. Keine Belohnung (wie manche Freunde hier sagen: „Ihr habt hier so viel gutes getan und gegeben, jetzt gibt es euch Gott zurück“) sondern einfach unverdiente Gnade Gottes.

Als wir noch in den Überlegungen standen, ob ein Haus kaufen ja oder nein, las ich das Buch „Tochter Gottes, erobere die Welt“ von Inka Hammond. Ein Abschnitt sprach direkt zu mir und mir aus dem Herzen:

Meine Freundin ist vor kurzem mit ihrem Mann und ihren vier Kindern in ein schönes, neues Zuhause gezogen. Vorher lebten sie in einer sehr kleinen Wohnung und sie freuten sich riesig über den großen Garten, die vielen Zimmer und den zusätzlichen Platz. Als meine Freundin ihr Haus einräumte und dekorierte, sprach der heilige Geist zu ihrem Herzen: „Mach es dir nicht allzu gemütlich.“ Für sie war das eine Erinnerung daran, dass sie ihr Herz nicht an dieses Haus hängen soll. Ja, sie darf es genießen und als Geschenk Gottes annehmen. Aber gleichzeitig will sie sich nicht zu sehr daran festklammern, denn sie will bereit sein, weiterzugehen und loszulassen, wenn Gott sie ruft. 

Als sie mir davon erzählte, hat mich das tief berührt. So schnell hängen wir unser Herz an irdische Dinge und tun uns dann schwer, wenn die Zeit zum loslassen gekommen ist. Diese Welt ist nicht unsere Heimat. Wir sind hier nur auf der Durchreise. Die innere Bereitschaft, jederzeit auf das Wasser zu gehen, wurzelt in unseren offenen Händen. Sobald wir etwas zu fest umklammern, wird es schnell eine Last, ein Klotz am Bein und hält uns davon ab, flexibel und unkompliziert dem Ruf Jesu zu folgen. Es ist ein Balanceakt, wo die goldene Mitte immer wieder neu gefunden werden muss. 

Das Haus meiner Freundin ist mittlerweile fertig dekoriert und eingerichtet und es ist ein Hafen der Geborgenheit für ihre Familie und für Gäste. Und trotzdem weiß sie: Wenn Jesus ruft, ist sie bereit, alles wieder in Boxen zu packen und dem nachzugehen, den sie über alles liebt.“ (S. 78)

Genau diese Einstellung möchte ich auch haben. Sie hilft mir, nicht Angst davor zu haben, völlig gebunden zu sein und nicht mehr Jesu Ruf folgen zu können.

Aber ich weiß auch, dass es für meine Familie wichtig ist nach 8 Jahren im Ausland, einen Ort zu haben, wo wir ankommen können. Und dafür bin ich Gott so dankbar. Er hat uns etwas geschenkt, was wir gar nicht gesucht haben, für was wir nicht mal gebetet haben. Er weiß genau was wir brauchen und er wollte uns diese Last abnehmen. 

Wir wollen dieses Haus haben zur Ehre Gottes! Es gehört nicht uns, sondern ihm! Und wir sind gespannt, was Gott damit und mit uns vorhat.

Wie geht es dir, wenn du diese Zeilen liest? Ist das für dich eine Herausforderung, deine Hände offen zu halten? Dinge loszulassen, um bereit zu sein, wenn Jesus ruft?

Wann bist du das letzte mal einen Glaubensschritt gegangen?

Ich habe in den letzten Wochen ein tolles Buch gelesen. Es heißt „Tochter Gottes, erobere die Welt“ und ist das Nachfolgebuch von „Tochter Gottes, erhebe dich“. Geschrieben hat die Bücher Inka Hammond. Ich hatte sie immer mal wieder gesehen, als dafür Werbung gemacht wurde in Zeitschriften und so. Ich war erst etwas kritisch muss ich sagen, wurde dann aber eines anderen belehrt und kann die beiden Bücher wirklich sehr empfehlen.

Hier möchte ich einige Zitate aus einem Kapitel des zweiten Buches wiedergeben. Mich hat dieses Kapitel, das mit „Risiken eingehen“ überschrieben ist, sehr bewegt und es hat mir auch sehr aus dem Herzen gesprochen und mich, ja, auch mich als tätige Missionarin im Ausland, herausgefordert. Lass auch du zu, dass dich diese Worte etwas aus der Reserve locken:


„Wann bist du das letzte Mal einen Glaubensschritt gegangen? Wann hast du dich das letzte Mal auf das Wasser hinaus gewagt?“

„Unsere Bereitschaft, Risiken einzugehen, öffnet Wundern Tür und Tor. Unmöglichkeiten werden plötzlich möglich. Das Leben wird und ist abwechslungsreich. Wir erleben Gott wie nie zuvor.“ 

Unser Glaube muss unser Leben verändern. Er muss uns verändern. Unser Glaube ist das Fundament, auf dem es uns leichtfällt, Risiken einzugehen.

Wenn wir unseren Blick fest auf Gott richten, dann wissen wir, wo es langgeht. Wir bekommen vielleicht nicht alle antworten, aber wir sehen die Liebe in seinen Augen, seine Güte, seine Fürsorge, und dann sind wir bereit, überall hinzugehen, wohin er und ruft - auch wenn wir das Ziel noch nicht kennen. 

Wenn du deinen Glauben in Schwung bringen möchtest, dann fange an, deinen Blick fest auf Jesus zu richten, und sei bereit, loszugehen, wenn du seinen Ruf hörst.

Zu viele Christen leben ein Leben in geistlicher Autonomie. Sie tun all die richtigen Dinge, aber ihr Glaube ist verkümmert, weil sie sich auf ihre eigene Kraft verlassen. Unsere eigene Kraft zerstört jedoch letztlich unseren Glauben.

Sind wir bereit, schwach zu sein, damit er durch uns stark sein kann? Sind wir bereit, uns ganz ihm hinzugeben, damit er verherrlicht werden kann? Lassen wir los und lassen ihn durch uns wirken? Wie viel von unserer Kraft steht seiner Kraft noch im Weg? Wie sehr behindern wir das mächtige Durchgreifen Gottes, weil wir uns innerlich weigern, komplett abhängig zu sein?

Wenn wir großen Glauben haben wollen und für Jesus Risiken eingehen möchten, dann muss unser Herz eine eindeutige Priorität haben: das Reich Gottes. Zu sehr sind wir oft noch damit beschäftigt, uns selbst zu verwirklichen, unser eigenes Glück zu suchen, und sind um unser eigenes Image besorgt. …

Unsere Generation braucht Menschen, die ihren Erlöser über alles stellen und bereit sind, jeden Preis zu bezahlen, jedes Risiko einzugehen, jede Entscheidung zu treffen, die notwendig ist, damit sein Reich gebaut wird. Doch wir sind viel zu sehr mit uns selbst beschäftigt. …

Unser Leben soll die Geschichte erzählen von dem Einen, der alles aufgab - für uns.

Die Menschen, die die Welt mit seiner Liebe verändert haben, waren hingegebene, mutige, auf dem Wasser wandelnde Menschen, die sich und ihre eigene Sicherheit, das Bedürfnis nach Komfort, die Sehnsucht nach Macht und Ruhm vor das Kreuz gelegt und sich ohne Kompromisse und faule Ausreden Jesus hingegeben haben.

Was fordert dich heraus? Welcher Schritt kostet dich etwas? ...

Schreibe einmal auf, was deine Sicherheiten sind. Welche Dinge im Leben geben dir ein Gefühl der Geborgenheit? Geld? Beruf? Heimat? Studium? Lebensziele? Und dann überlege dir, wie du reagieren würdest, wenn Jesus dich bittet, das aufzugeben und loszulassen. Was stemmt sich in dir dagegen?

Risiko entlarvt unser Herz. Eine Bereitschaft zum Risiko in der Nachfolge ist daher auch ein wunderbarer Weg, Heilung zu empfangen. Denn wir gehen nur dann Risiken ein, wenn unser Herz eng mit dem des Vaters verbunden ist. Nur wenn wir wissen, dass wir unendlich geliebt sind und uns nichts passieren kann, wagen wir uns hinaus aufs Wasser. Und in keiner anderen Situation erfahren wir eine so intensive Intimität mit Jesus, als wenn unser ganzes Sein von ihm abhängig ist.

Risiko beginnt mit einer veränderten Denkweise. Geh das Risiko ein, anders zu denken. Anders zu reagieren. Andere Schwerpunkte zu legen. Sei mutig und verschwende deine Zeit in der Gegenwart Jesu. Sei mutig und setze bewusst Grenzen, welche Filme du dir ansiehst, welche Bücher du liest. Geh das Risiko ein, dich nicht zugehörig zu fühlen. Das alleine geht schon so sehr gegen unser menschliches Bedürfnis nach Sicherheit. 

Risiko ist das Gewürz, das uns in unserer christlichen Suppe häufig fehlt. Bist du bereit, Risiken für Jesus einzugehen? Bist du bereit, dein Image, deine Suche nach Glück, nach Selbsterfüllung vor dem Kreuz abzulegen?

Vom Ausreisen und Zurückkehren

Für viele gelten wir als Menschen, die Risiken eingegangen sind. Wir haben unsere Füße aufs Wasser gesetzt und sind gegangen. Wir leben in Albanien mit vier Kindern, in einer abgelegene, medizinisch total unterversorgten Gegend. Es gibt nicht viel hier. Und als wir vor gut sieben Jahren losgezogen sind, da kamen wir in ein uns fremdes Land, mit einer fremden, schwierigen Sprache, einer komplett anderen Kultur, wir kannten so gut wie niemanden und all das unbekannte war zeitweise sehr herausfordernd. Ja, sicher war es ein gewisses Risiko. Aber es war mehr noch das Rufen Gottes, das uns hierher gebracht hat. Und es war die Gnade Gottes, die uns hier gehalten hat.

Jetzt stehen wir wieder an einem Ufer. Das Fremde ist uns bekannt geworden. Die schwierige Sprache hat sich uns entschlüsselt und wir fühlen uns wohl mit ihr. Die Menschen sind uns Freunde und Familie geworden, der unbekannte Ort am Ende der Welt, ja, er hat sich zu unserem Zuhause gewandelt. Hier fand mein Leben statt. Hier habe ich mich weiterentwickelt und hier haben wir mit den Menschen gelacht und geweint, gefeiert und getrauert. Hier sind unsere Kinder das erste mal in einen Kindergarten gegangen, hier haben sie ihre Einschulung gefeiert. Hier haben wir als wachsende Familie gelebt, Siege errungen und Niederlagen hinter uns gelassen. Hier haben wir Gott von ganzem Herzen gedient und ach, welch Vorrecht es war und ist!

Aber wir stehen wieder am Ufer. Als ich Ende letzten Jahres an einem großen See war, lag dort ein altes Fischerboot still an Land. Seine Spitze zeigte auf das weite sich vor mir ausbreitende Wasser. Es war ruhig und im Dunst wirkte es mysteriös und unbekannt. Es war mir, als würde Gott mich auffordern, loszufahren. Aufs Wasser hinaus. Loszulassen, das nun bekannte Ufer verlassen und zu vertrauen. Ich ahnte, was es heißt. Ich spürte eine gewisse Angst, die in uns Menschen ganz natürlich hochkommt, wenn etwas Unbekanntes vor uns liegt. Ein Herz, das schneller schlägt und aus dem Gleichgewicht kommt. Aber auch die tiefe innere Ruhe, dass Gott alles weiß.

Einige Wochen später trafen wir im Frieden vor Gott die Entscheidung, genau das zu tun. Loszulassen und aufzubrechen. Wieder vertrautes hinter sich zu lassen und…

Naja und zurückzugehen woher man gekommen ist. Zurück zu dem damals vertrautem. Zurück zu Familie und Freunde. Zurück zur Muttersprache und zurück zur bekannten Kultur. Man weiß wieder, wie man sich wann wie und wo zu verhalten hat, was zu sagen und was besser nicht… oder?

Der Schritt wieder zurück ist für mich ein ebenso großer Glaubensschritt, wie der, der uns nach Albanien gebracht hat. Die Entscheidung zurück zugehen fällt mir viel, viel schwerer als die, Deutschland zu verlassen. Es ist wieder ein Schritt des Glaubens, auch in das ehemals bekannte zurückzukehren. 

Deutschland hat sich verändert. Ich habe mich verändert. All die Jahre haben viel mit mir und uns gemacht. Es wird nicht leicht werden. Es ist ein losfahren in ein zwar bekanntes und doch so fremd gewordenes Land. Viele werden nicht verstehen, dass es mir so geht. Viele werden da weitermachen wollen, wo wir aufgehört haben. Aber das geht nicht. Zu viel ist passiert, mein Herz hatte sich an das unbekannte gewöhnt und es langsam als bekannt adoptiert. Nun muss es wieder umprogrammiert werden. Das hart erkämpfte normale gleitet langsam wieder aus meinem Herzen und muss wieder ersetzt werden mit dem vormals normalen. Und das tut weh. Es ist ein trauern, ein loslassen, ein abgeben von einem Teil meiner selbst. 

Zuletzt las ich Psalm 112 und oh, wie hat dieser Psalm zu meinem Herzen gesprochen:

„Er (oder sie) wird sich nicht fürchten vor böser Nachricht.

Fest ist sein (oder ihr) Herz, es vertraut auf den Herrn.

Beständig ist sein (oder ihr) Herz, er (oder sie) fürchtet sich nicht…“ (Psalm 112,7-8)

Ich möchte diesen Vers etwas für mich umschreiben. Und wenn du möchtest kannst du einfach deinen Namen einsetzen:

Rahel
wird sich nicht fürchten
vor böser Nachricht,
vor unbekannten Dingen,
vor Traurigkeit und Einsamkeit,
vor dem Unverstanden sein und dem sich zurücksehnen.
Sie wird sich nicht fürchten
Vor Schwierigkeiten mit den Kindern
Vor dem Gefühl des Verlustes und des Versagens
Vor der der wohlbekannten Fremde
Vor Unsicherheit und offenen Fragen.

Fest ist Rahels Herz,
Es vertraut ja voll und ganz auf den Herrn!

Auf seine Kraft und Stärke
Auf seine Gegenwart und Nähe
Auf seine Ermutigung und Befähigung
Auf seine Liebe und Treue
Gnade und Annahme
Führung und Halt,
Zuversicht und Vergebung…

Beständig ist Rahels Herz,
Sie fürchtet sich nicht!

Dieses feste und beständige, verwurzelte Herz möchte ich haben und darum kämpfen. Den Lügen nicht glauben, sondern der Tatsache: auch auf diesem Weg geht Er mit und leitet und ruft und befähigt und erfüllt und… führt zum Ziel! Halleluja!

Photo by Erol Ahmed on Unsplash

Das verschwundene Vögelchen

Vor Jahren schon hatte ich mir mit meiner Mama zusammen in Deutschland Ohrringe gekauft. Es waren ganz besondere Ohrringe für mich. Nicht nur, weil sie von meiner Mama waren, sondern auch weil sie besonders schön waren. In einem Ring sitzt ein kleiner Vogel. Wer mich kennt weiß, dass ich Vögel liebe. Ihr Zwitschern, ihr ausgelassenes herumhüpfen im Frühling, die Freiheit die sie mir vermitteln, wenn ich sie durch die Luft fliegen sehe, und nicht zuletzt hat mir Jesus selbst diese Tierchen lieb gemacht, als er sie hernahm, um uns eine Lektion zum Thema Sorgen machen lehrte. 

„Seht die Vögel des Himmels an! Sie säen nicht und ernten nicht, sie sammeln auch nicht in die Scheunen; und euer himmlischer Vater ernährt sie doch. Seid ihr nicht viel mehr wert als sie? Wer aber von euch kann durch sein Sorgen zu seiner Lebenslänge eine einzige Elle hinzusetzen?“ (Matthäus 6,26-27)

Nun hatte ich diese Ohrringe und ich trug sie immer an den Tagen, an denen ich mich besonders an Gottes Fürsorge erinnern musste. Ich trug sie oft!

Dann hatten wir im letzten Jahr einen Einsatz in einem abgelegenen Dorf gehabt. Dort oben haben wir auch gecampt, was sehr schön und abenteuerlich war. Doch leider ging mir der oben irgendwie einer der Vogel Ohrringe verloren. Ich hatte geduscht und danach konnte und konnte ich den einen nicht finden. Ich war sehr traurig darüber, fand mich dann aber doch mit dieser Tatsache ab, dass ich sie nicht mehr tragen kann, da einer fehlte…

Monate vergingen. Es war ein voller und nicht ganz leichter Tag gewesen. Ich war müde und etwas abgekämpft. Ich sehnte mich nach Gottes Zuspruch und seiner Hilfe. So ging ich am Abend hoch zum Trockner um die Wäsche rauszuholen. 

Da piekste mich etwas. Ich schaute nach, was es wohl ist und was hab ich in meinen Händen? Der verlorene Vogel Ohrring von damals. Ziemlich mitgenommen und nicht mehr unbedingt geeignet zum anziehen, aber doch hat mein Herz einen Sprung gemacht. Verflogen war die Müdigkeit und Mutlosigkeit! Hier hatte Gott klar gesprochen. Wo war dieser Ohrring gewesen? Wie kommt er nun in den Trockner und warum finde ich ihn da erst Monate später? Ich weiß es nicht. Aber ich weiß, dass Gott genau in diesem Augenblick wollte, dass ich ihn finde, dass er mich anstachelt und spürbar erinnert, dass Er für mich und uns alle sorgt, mich liebt und voller Fürsorge sich um uns kümmert. 

Hätte ich diesen Ohrring damals nicht verloren, hätte ich nicht auch den Schmerz des Verlustes gespürt, so hätte ich nicht diesen überaus beglückenden Augenblick dort oben auf dem Dachboden inmitten von Wäschebergen erlebt. Dieses klare Reden Gottes in mein Herz hinein, diese Erinnerung an ihn und seine Hilfe und seine Gegenwart. Denn es war für mich ein Wunder, diesen Ohrring wieder zu haben. 

Er ist nun nicht mehr wirklich zum tragen zu gebrauchen, aber ich habe die Ohrringe jetzt an meinem Schreibtisch in Sichtweise hängen und sie erinnern mich nun jeden Tag wieder an dieses Geheimnis der Versorgung Gottes. 

Photo by Jan Meeus on Unsplash

Wenn du nicht geschminkt bist...

Gestern Abend war ich echt nahe der Tränen. Wir hatten Teamtreffen und danach ging ich ins Schlafzimmer um meine “Matzratzenwärmauflage“ (was für eine tolle Erfindung) anzuschalten, da lagen zwei DIN A5 Briefchen auf unseren Kissen. 

Da hat es unser großer echt geschafft, völlig ohne unser Wissen, Briefe zu schreiben und hat sie dann noch heimlich am Abend in unser Zimmer gelegt. Allein das hat mich schon echt berührt und bewegt. 

Fein säuberlich (denn das ist für unseren kleinen Perfektionisten sehr wichtig) mit gezogenen Zeilen, und Datum rechts oben, schrieb er einen Liebesbrief für seine Mama und einen für seinen Papa. 

Das macht er immer mal wieder, auch für andere im Team. Dabei zählt er auf, warum er eine Person gerne mag. Nun, bei mir startete er, dass er mir danke, dass ich immer die „eklige Wäsche“ wasche. Schön, wenn ein Kind das bemerkt…

Und dann schreibt er:

„Du bist die beste Frau der ganzen weiten weiten Welt. Und du bist die allerschönste Frau der ganzen Welt.“

Meine große Tochter erklärte mir dann später, dass ja jedes Kind seine Eltern am schönsten und tollsten findet. Nun, da hat sie recht und doch freut man sich natürlich, wenn der große Junge einem das schreibt.

Doch der letzte Satz, der bewegte mich am meisten.

„Du bist schöner wenn du nicht geschminkt bist, ich mag dich so wie du bist.

Ich glaube, damit wollte er nicht sagen, das meine Schminkkunst miserabel ist. 😉

Aber er mag mich so, wie ich bin. So findet er mich am schönsten. Wenn er sich morgens zu mir kuschelt und ich zerzauste Haare habe, mein Gesicht zerknittert ist und meine Augen noch voller Schlaf. Aber meine Arme offen, mein Bett warm und mein Herz bereit, auf ihn zu hören, ihn völlig wahrzunehmen. 

Es erinnert mich auch an die Liebe Gottes! Er liebt uns, wenn wir ungeschminkt sind. Wenn wir Fehler machen, wenn wir untreu sind und versagen, wenn wir alles andere als gut drauf sind. Er kennt uns durch und durch und vor ihm müssen wir uns nicht „schöner“ machen, als wir in seinen Augen sowieso schon sind. Oh, er liebt uns ungeschminkt und völlig nur unser ich, wie wir sind. Was für eine wundervolle Wahrheit!

Photo by freestocks on Unsplash

Wenn du Corona in Albanien hast

Wenn du in Düsseldorf ins Flugzeug steigst Richtung Tirana, dann bist du in guten zwei Stunden gelandet. Das ist doppelt mal so schnell, wie wenn ich von Dannys Eltern zu meinen fahre. Albanien liegt in Europa, es ist Deutschland geografisch so nah und doch so fern… 

Das spüre ich immer wieder besonders drastisch, wenn es um medizinische Versorgung geht. Nun bin ich über sieben Jahre hier und nichts versetzt mir immer noch einen größeren „Schock“, als der Gang ins Krankenhaus. Ich spreche von unserem hier und dem in der Nachbarstadt. Aber ich weiß aus sicheren Quellen, dass auch die staatlichen Krankenhäuser in Tirana keineswegs besser sind, im Gegenteil. 

Damit ihr es euch besser vorstellen könnt, beschreibe ich einen normalen Gang ins Krankenhaus. Da unsere geliebten Nachbarn von unten leider auch an Corona erkrankt sind, gehen sie nun schon seit 12 Tagen zweimal täglich ins Krankenhaus. Egal wie das Wetter ist, bei Eis und Kälte, Sturm und Wind. Seit wir wieder hier sind, fahren wir sie dorthin. Da es in den letzten Tagen sehr kalt war und auch etwas geschneit hatte, lag der ganze Vorplatz des Krankenhauses noch voller Schnee, Räumung Fehlanzeige. Die wenigen Stufen beim Eingang sind rutschig und gefährlich. Ich hake Rrushe fester ein. Etwas Salz würde dem Abhilfe schaffen. 

Es sind schon einige Leute da, obwohl wir schon recht früh dran sind. Es wird nicht getrennt zwischen Corona Patienten und Patienten mit anderen Problemen, man will ja keinen stigmatisieren oder bloßstellen. Schamkultur sage ich da bloß. Verstandesmäßig nicht einzuordnen. Dort holen die beiden ihre Patientenakte, auf der nur der Name und die verschriebenen Medikamente stehen. Sonst nichts.

Wir gehen zum Arzt ein Haus weiter. Vor der Tür bleiben wir stehen. Geschlossen. Einer der Wartenden ruft die an der Tür stehende Nummer an (völlig normal hier - warum im Zimmer auf Patienten warten, wenn man auch im Nachbarcafe einen Schnaps oder Kaffee trinken kann?)

Dann kommt der Arzt. Er begrüßt einen kaum. Hat seine normale Alltagskleidung an. Er wäscht sich nicht die Hände, geschweige denn desinfiziert er sie. Er fragt kurz aber sehr oberflächlich nach dem Befinden. Misst dann den Sauerstoff und hört die Lunge ab. Dabei ist Rrushe extrem vornübergebeugt, wo ich mich frage, wie man da ordentlich eine Lunge hören will. Jaja, das ist eine schlimme Krankheit und auf die üblichen Medikamente kommen noch mal welche drauf, des Fiebers wegen. In keinster Weise wird erklärt, was verschrieben wird und warum. Der Arzt weiß Bescheid, man glaubt ihm alles und nimmt alles. Es geht ja um die Gesundheit. 

Am Ende nimmt der Arzt auch mich wahr. Ich bin die Frau von Danny. Ach Danny, der ist mein Freund. Ein guter Mann. Komm, ich untersuche dich auch. Ach nein, ich bin doch wieder völlig gesund. Aber doch, es muss sein. Damit zeigt er mir seinen Respekt. Mein Sauerstoffgehalt, sehr gut. Mein Puls etwas hoch. Daher noch Blutdruck messen. Und dann Pulli etwas hoch machen zum Lunge hören. Naja, etwas unangenehm war es schon… aber Respekt. Ich frage mich, wer wem Respekt gezeigt hat…

So nehmen wir die neue Liste an Medikamenten mit und laufen vorsichtig zu der nahegelegenen Apotheke, in der sie in den letzten Tagen schon 500 € gelassen hatten. Man holt also die Medikamente und geht wieder ins Krankenhaus zurück. In einem der kleinen, ziemlich unsauberen Räumen, deren Fenster mit Farbe zugekleistert sind, die Betten mit Wolldecken bedeckt und die Infusionsständer sehr verrostet und alt aussehen. Auf dem Boden steht eine Plastikschüssel, in der alle alten Nadeln und Spritzen geworfen werden. Ein Infusionsschlauch liegt daneben, mit Blutspuren.

Dort liegen und sitzen sie dann und lassen die ganze Palette an Medikamenten in ihren Körper fließen. Gift ist das, sagen sie und ahnen wohl, dass all das seine Nebenwirkungen mit sich bringt. Naja, morgen gehen wir in die Nachbarstadt, um die Niere auf Schädigungen zu prüfen. 

Nach ca einer Dreiviertelstunde gehen wir dann wieder, nur um am Abend wieder zu kommen, und am nächsten morgen wieder usw. 

Es tut mir im Herzen weh, wenn ich all das sehe und erlebe. Klar, es ist das, was sie kennen und vielleicht erleben die älteren all das schon als Fortschritt im Vergleich zur Zeit des Kommunismus. Dennoch, meine deutsche Sicht auf all das ist bestürzt, teilweise fassungslos. Da ich die Arbeit im Krankenhaus kenne und selbst drei Jahre da gearbeitet habe, fallen mir sicher die vielen Mängel allein in der Hygiene (die bei Corona ja nicht unwichtig ist…) auf. Dabei rede ich nicht von unserem teilweise vielleicht auch etwas überzogenen Hygienefimmel, sondern von elementaren Dingen wie Händewaschen.

Menschen sterben hier definitiv schneller. Dennoch wundere ich mich manchmal, dass nicht noch mehr sterben. Dies soll keine Anklage sein, ich möchte auch nicht schlecht über unsere albanischen Freunde schreiben. Aber das ist die Lebensrealität der Menschen hier und vielleicht stimmt es uns mal wieder dankbar für unsere gute deutsche medizinische Versorgung und Absicherung.

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