Wie Gott unser Gebet erhört und was ich daraus lernen möchte

Im Mai heiratet Dannys Bruder. Es ist eine große Feier geplant. Es wird voraussichtlich die letzte Hochzeit im Hause Fröse sein. Da wir im Sommer zur Geburt unseres vierten Kindes nach Deutschland kommen werden, stand für mich innerlich schnell fest, dass es zu viel wird, nun auch noch im Mai nach Deutschland zu gehen. Das hatte vor allem finanzielle Gründe.

So schlug ich Danny vor, dass er allein dorthin fliegt und ich mit den Kindern hier in Albanien bleibe. Ich war überzeugt, dass das die richtige Entscheidung ist, auch wenn es mir innerlich schon sehr leid tat, dass wir als ganze Familie nicht bei dem großen Fest dabei sein könnten. Aber der Flugpreis schreckte mich ab.

Dennoch, vor einiger Zeit schaute Danny einfach mal die Flugpreise für uns alle an. In meinen Augen sehr viel Geld. Aber ich war innerlich gedrungen, diese Sache doch noch mal vor Gott zu bringen. Wir wollten nochmal, eigentlich erstmalig ernsthaft dafür beten, ob es nicht vielleicht doch dran wäre, zu der Hochzeit zu fliegen. Ich wollte eine klare Antwort von Gott.

Wenn uns nur jemand finanziell etwas helfen würde, das wäre für mich eine große Ermutigung, es doch zu machen, so dachte ich. Aber wir wollten auf keinen Fall jemanden fragen oder irgendetwas unternehmen. Wir wollten einfach nur beten und sehen, was Gott tut.

Am nächsten Tag dann erzählte mir Danny, dass wir auf unserem Privatkonto eine völlig überraschende Überweisung hatten, die zwei Drittel des Flugpreises deckte. Ich war platt. Sollte das wirklich die Antwort Gottes sein? Das konnte doch kein Zufall sein?

Der Absender der Spende (die ganz bewusst für uns persönlich sein sollte) war nicht ganz ersichtlich. Doch wie ich später herausfand, war sie von jemandem, der uns schon länger eben diese Spende zugesagt hatte. Wir wussten darum, doch sie kam genau an diesem besagten Tag an. Und sie überzeugte mich.

Nun haben wir Flüge gebucht im Mai für eine Woche. So können wir auch einige anstehende Arzttermine wahrnehmen und können v.a. die Familie wiedersehen und mit ihnen feiern.

Mir hat diese Geschichte wieder einmal gezeigt, dass wir Gott wirklich wegen allem bitten dürfen. Auch solche Dinge. Letztendlich ein Luxus. Aber Gott ist so gut und gönnt uns das. Er möchte uns beschenken. Das vergesse ich viel zu oft. Ich hake viele Dinge so rational in meinem Kopf ab und erwäge gar nicht, ernsthaft dafür zu beten. Ich möchte das mehr tun und ich möchte mutiger werden in meinen Fragen an Gott. Auch in ganz anderen Bereichen des Lebens. Und ich möchte lernen, Gott mehr in alle Fragen hineinzunehmen und seine Antwort zu erwarten.

Sei auch du ermutigt, Gott zu fragen, ihn um Antwort zu bitten, und auch Dinge, die in deinem Kopf immer schon feststanden oder unverrückbar schienen, zu überdenken und sie Gott neu hinzulegen. Dabei denke ich an viel wichtigere Dinge, als die Frage, ob man zu einer Hochzeit fliegt, oder nicht...

Unsere albanischen Großeltern

Bevor wir nach Albanien kamen, hatte ich ein ungewöhnliches Gebetanliegen:
Ich bat Gott darum, dass er meinen Kindern albanische Großeltern schenkt.

Als unser erstes Kind Gideon geboren wurde, lebten wir noch in der Nähe von Freiburg. Ich war am Ende meiner Ausbildung zur Hebamme. Mir war klar, dass ich Unterstützung brauchen würde, wenn ich die Ausbildung regelrecht abschließen wollte. Meine und Dannys Familie lebten weit entfernt.
So fragte ich ein befreundetes Ehepaar, selbst Eltern von fünf erwachsenen Kindern, ob sie sich vorstellen könnten, Ersatz-Großeltern zu werden für unseren Sohn. Sie stimmten zu und es entwickelte sich eine wunderbare Beziehung zu ihnen. Es war mir immer so eine Freude zu sehen, wie sie sich an meinem Kind freuten. Ihr damals einziges Enkelkind war zu der Zeit im Ausland mit seinen Eltern, so wie wir jetzt. Irgendwie ist uns die Vreni immer noch wie eine dritte Oma, auch wenn wir uns leider nicht mehr oft sehen können.

Bevor wir dann nach Albanien ausgereist sind, lebten wir bei Dannys Eltern im Haus. So hatten unsere dann zwei Kinder auch ihre Großeltern sehr nahe bei sich.

Irgendwie hat Gott mir dann aufs Herz gelegt, eben dafür zu beten, dass wir auch in Albanien "Großeltern" haben, wenn schon die leiblichen so weit weg wohnen.

Nun, was soll ich sagen. Gott hat mein Gebet über alle Maßen erhört. Immer wieder sitze ich unten bei unseren albanischen Opa und Oma, sehe ihre Freude mit den Kindern und die Vertrautheit unserer Kinder mit ihnen und bin einfach nur dankbar. Oder ich bin in Gespräch mit Menschen hier, die sagen, was für tolle Leute unsere "Großeltern" sind und was für ein Segen, dass wir zusammen leben.

Als Danny hierher kam, um für uns eine Bleibe zu suchen, da führte ihn sein Weg in dieses Haus, in dem wir jetzt leben. Es war noch nicht fertig ausgebaut, doch der Vermieter versprach, das zu tun, bis wir kommen. Und so geschah es. Unten im Haus lebt nun dieses ältere Ehepaar, die Adoptiveltern unseres Vermieters. Sie selber konnten keine eigenen Kinder bekommen. Sie lebten ganz allein hier seit der Sohn mit seiner Familie nach England gegangen war. Schon das erste Foto, dass ich von ihnen sah schenkte mir einen Frieden darüber, dass unser Zusammenleben in einem Haus mit einem Eingang gut gehen würde.

Und so kam es. Seit gut vier Jahren leben wir zusammen, teilen das Leben, Freude und Leid, sind eng miteinander verbunden und lieben uns. Auch die Kinder lieben sie und sie lieben unsere Kinder und haben sehr viel Freude mit ihnen. Sie sind so ein großer Segen für uns. Und das schöne ist: Wir auch für sie!

Ich kann Gott nicht genug danken für seine gute Führung in dieser Sache!

(Als schöner Nebeneffekt ist unser friedliches, liebevolles Zusammenleben hier auch ein sehr gutes Zeugnis für die Stadt.)

Empfehlung: Die beste deutsche Kinderbibel

Hier möchte ich dir ein Meisterwerk und einfach ein geniales Buch vorstellen und warm aus Herz legen, ob du Kinder hast oder auch nicht:

Es ist eine Kinderbibel, genauer gesagt "Die Gott hat dich lieb Bibel"* (auf englisch "The Jesus Storybook Bible" von Sally Lloyd-Jones und Illustrationen von Jago). [Der Link ist ein Affiliate Link. Wenn du über diesen Link bestellst, bekommen wir einen kleinen Betrag gutgeschrieben, aber dich kostet es nicht mehr dadurch.]

Wir hatten sie zuerst in der Originalversion in unserem Schrank und freuten uns, dass sie dann ins deutsche übersetzt wurde. Noch mehr freuten wir uns, dass wir sie ganz am Anfang unserer Zeit in Albanien auch auf albanisch fanden und sie war das erste albanische Buch, das wir hier kauften. Seither haben wir sie immer wieder in größeren Mengen gekauft und sie schon an viele Kinder hier weitergegeben.

Warum sind wir gerade von dieser Bibel so angetan? Das hat einen einfachen Grund.

Die Bibel erzählt eine große Geschichte

Wohl keine andere Kinderbibel schafft es, das Heilshandeln Gottes durch jede Geschichte so gut hervorzuheben, wie diese. "Jede Geschichte flüstert den Namen Jesus" so lautet der Untertitel der englischen Version und das ist Programm. Jede der 22 Geschichten aus dem alten Testament bleibt nicht einfach so für sich allein stehen, sonderbar am Ende werden sie auf natürliche und augenöffnende Weise in Bezug zu Jesus und Gottes Plan mit der Welt und seiner Rettungsaktion gebracht.

"...eigentlich erzählen sie alle zusammen eine ganz große Geschichte. Sie handelt von Gottes wunderbarem Rettungsplan für seine Kinder. Und dieser Plan dreht sich von vorne bis hinten um Jesus. Jede Geschichte flüstert seinen Namen. ..."

So steht es im Klappentext der deutschen Ausgabe.

Wir haben diese Bibel schon mehrmals mit unseren Kindern im Rahmen unserer Familienandacht gemeinsam durchgelesen und immer wieder bin ich gerührt und manchmal sogar zu Tränen, wenn auch ich mehr und mehr begreifen darf, wie Gott seine Geschichte geschrieben hat und ich Teil davon sein darf. Daher empfehle ich diese Bibel auch absolut jedem Erwachsenen.

Die Aufmachung

Neben den herausragend einfach und doch so tief gehenden Texten ist die Illustration ein Meisterwerk. Sicher, wie bei jeder Art von Kunst, auch Geschmacksache, aber die klaren ausdrucksstarken Bilder sind eine Wohltat für meine Augen. Beim Umblättern jeder Seite erwartet mich ein anderes "Erlebnis", eine neue Art der Interpretation von so bekannten Geschichten. Ich liebe diese Aufmachung einfach!

Ein Lehrstück

Für mich ist sie darüber hinaus ein Lehrstück. Sie lehrt mich, wie ich Geschichten aus dem alten Testament in Verbindung bringe mit dem großen Heilshandeln Gottes und gibt mir einen neuen Blick auf deren Interpretation. Jesus selbst sagte, dass es die ganze Schrift ist, die von ihm zeugt. (Johannes 5,39) So ist es völlig angebracht, das, was in der Vergangenheit passiert ist, immer wieder auf Jesus und sein Kommen und die Erfüllung, die er in so vielem gebracht hat, zu deuten. Ich habe so gelernt, auch das alte Testament christuszentriert zu lesen. Ich denke, dass sie für viele wirklich einen ganz neuen Blick auf so bekannte Geschichten bringt.

Ein kurzes Beispiel

Am Ende der Geschichte vom Turmbau zu Babel steht Folgendes:

"Gott hatte natürlich gewusst, dass die Menschen nicht von sich aus in den Himmel kommen könnten, und wenn sie sich noch so sehr bemühten. Sie brauchten keine Himmelsleiter, sondern einen Retter! Der Weg in den Himmel bestand nicht aus Treppenstufen, sondern aus einer Person!
Die Menschen konnten sich nicht bis zum Himmel strecken. Also würde der Himmel zu den Menschen kommen müssen. Und eines Tages würde genau das passieren."

Diese Hinweise auf diesen besonderen Moment, wenn das ganz besondere passieren würde, kommen immer wieder. Und in zurückhaltender und doch so schöner Art weisen sie immer wieder von unterschiedlichen Seiten auf das Evangelium hin. Das Sehnen der ganzen Schöpfung und das Schreien nach Erlösung - erfüllt im Kommen Jesu.

"Doch die Erde hielt die Luft an. So leise wie Schneefall kam er zur Welt. Gerade als niemand hinsah, in der Dunkelheit der Nacht."

Wie ich sie persönlich nutze

Ich nutze die Bibel auch in der Jüngerschaft zweier einfacher Hausfrauen hier in unserer Stadt. Es waren so schöne und kostbare Momente, ihr Strahlen auf den Gesichtern zu sehen, wenn diese Hinweise auf den Tag, den Mann, den Moment  kamen und sie verstanden: Jesus!  Jesus ist die Antwort!

Er wird die Schlange besiegen und auf ihren Kopf treten.
Er ist die Himmelsleiter,
er ist das verheißene Baby, das der ganzen Welt das Lachen zurückgeben wird,
er ist das bessere Lamm, das an unserer Stelle geschlachtet wird,
er ist der, der sein Volk für immer in die Freiheit führen wird,
der wahre und ewige König der in Bethlehem geboren wird lange nach David.
Er ist der größere Held, der den schwersten Kampf kämpfen wird,
er ist der beste Hirte, der bessere David, der bessere Daniel, der bessere Jona.

Falls du nun dieses Buch noch nicht hast, zögere nicht! Deine Kinder werden es lieben und du ebenso. Und wenn du keine Kinder hast: Hol es dir trotzdem!

Und Gott wird es gebrauchen, um zu deinem Herzen zu sprechen und dir ganz neue Sichtweisen aufzutun. Es wird dich in Staunen versetzen, zu Tränen rühren und dein Herz in die Anbetung führen. Sein ganzer Plan, so unglaublich und so wundervoll...

Warum es sich lohnt hier zu sein

Es sind diese besonderen, unerwarteten Momente. Momente, die Gott schenkt wie aus dem nichts. Ungeplant. Und doch so erbeten.
Es sind diese Momente, die mir zeigen, warum ich eigentlich hier bin und dieses verrückte Leben lebe, das ich lebe.

Einer dieser Momente war gestern.

Wir waren gerade dabei, die Nachmittagsbesuche zu planen. Es sind die Tage nach Neujahr, an denen man hier gewöhnlich viele Besuche macht. Wir nutzen diese Zeit auch und ziehen uns einem regelrechten Besuchsmarathon unter. Jemand zu besuchen ist für diese Person ein Zeichen für Respekt. Für uns willkommene Gelegenheiten, viele Menschen in ihren Häusern anzutreffen und auch mal als ganze Familie loszuziehen.
Nun, unser geplanter Besuch war noch nicht zu Hause. So wollte ich noch schnell bei den Nachbarn vorbei schauen. Die Frau lädt mich oft ein und zeigt auch eine Offenheit für das Evangelium.

Als ich das Tor aufmachte, wusste ich nicht, ob ich kehrtmachen soll. Vor der Tür standen sehr viele Paar Schuhe, was auf sehr viele Besucher schließen lässt.
Doch dann kam mich die Nachbarin auch schon begrüßen. Ein zurück gab es nicht mehr. Nun, ich hatte gedacht, mit ihr in Ruhe reden zu können. Doch nicht jetzt.

Ich trat in den kleinen, dunkeln, wohlbeheizten Raum. Hier saßen 12 Leute auf Sofa und Stühlen. Alle standen auf und jedem gab ich die Hand und wünschte ein frohes neues Jahr. "Das ist die Deutsche." Hörte ich in einer Ecke tuscheln. Ich kannte kaum einen in dem Raum. Nach der Reihe wurde ich von jedem nach meinem Wohlbefinden, dem meiner Familie und meiner Familie in Deutschland gefragt. Ich stellte alle Fragen natürlich höflich zurück. (An dieses Prozedere muss man sich am Anfang hier sehr wohl gewöhnen.)

Nach einigem hin und her, was wir hier machen etc. kam dann auch die Sprache auf Gott. Wie so oft hörte ich auch hier den Satz: "Es gibt nur einen Gott. Es ist doch alles das gleiche. Wir in Albanien kommen mit den anderen Religionen sehr gut zurecht." Einer der Männer ergriff das Wort. Es war ihm nicht peinlich, mit mir zu reden. In der Öffentlichkeit wäre es undenkbar. Doch in dem geschützten Haus konnte er und ich ganz offen und frei reden.

Ich sagte: "Es stimmt wohl, dass es nur einen Gott gibt. Aber die wichtigste Frage ist wohl, wie wir zu diesem heiligen Gott gelangen können." Zustimmung bei den Zuhörern.
Ich ging erst auf ihren Glauben ein. Der Weg der Muslime, gefallen vor Gott zu finden. Auch sie glauben daran, dass Blut fließen muss zur Vergebung der Sünden.

Nach einer Weile erzählte ich von dem Gott, der selbst auf diese Erde kam, was wir auch an Weihnachten gefeiert haben. Ein Gott, der weiß, dass wir von uns aus nicht in seine Nähe kommen können, kommt zu uns. In Jesus!

Er hat ein für alle mal mit seinem Blut die Sühnung geschaffen für unsere Sünden. Daher müssen wir nicht immer wieder opfern. Jesus hat dieses Opfer gebracht. Sein Blut wurde vergossen, um mich rein zu waschen und Gott wohlgefällig zu machen.

Es ist Stille im Raum. Alle Augen schauen mich an. Einer der Männer schaut ungläubig aber doch aufmerksam und fragt den anderen, der engagiert im Gespräch ist. Dieser erklärt in seinen eigenen Worten nochmal das, was ich gerade gesagt hatte und meinte, ich habe es doch sehr gut erklärt. Es kann nichts besseres passieren, als dass Hörer in eigenen Worten das Evangelium erklären und es direkt anderen weitergeben, obwohl sie es selber ja noch gar nicht glauben.

Es ist eine kleine Goldstunde. Eine besondere. Eine Gelegenheit, Menschen, die es noch nie gehört haben zu erzählen.  Ihnen von dem vollkommenen Werk Jesu zu erzählen. Viele große Augen, Stille und Interesse - das kommt nicht so oft alles auf einmal vor.

Je mehr ich über diesen kurzen "Zwischenbesuch" nachdenke, desto mehr staune ich über Gottes Wirken. Er wollte, dass ich genau zu diesem Zeitpunkt in dieses Haus gehe. Mir war seine Führung am Anfang nicht bewusst. Ich dachte eher, es ist unangebracht. Aber er hat daraus eine Lichtstunde gemacht. Das Evangelium kam in diesen Minuten in diesen dunklen Raum und sprach zu all diesen Menschen, jung und alt. Mein Gebet ist, dass es auch in den Herzen dieser Menschen hell wird.

Solche Momente meine ich. Solche Momente, die mir zeigen, dass es sich lohnt, hier zu sein. Sie sagen mir: Rahel, es ist gut, dass du hier bist. Wer sonst bringt diesen Menschen die beste Botschaft der Welt?

Wie schnell vergehen die geliebten Feste und was bleibt davon?

Die letzten Tage in diesem Jahr 2017 sind angebrochen. Schnell ist das lang ersehnte Weihnachtsfest vergessen oder in den Schatten gerückt und das große Neujahrsfest steht an. Das ist in unserem Land hier das größte und wichtigste Fest, zu vergleichen mit unserem Weihnachtsfest.

All die Deko, die in den letzten Jahren stark zugenommen hat, bunte, blickende Lichter überall, die geliebten geschmückten künstlichen Bäume (wir haben dieses Jahr doch tatsächlich auch einen), all das deutet auf den Wunsch der Menschen hin, doch auch etwas zu feiern zu haben.

Doch wie schnell ist es vorüber. Wie schnell ist alles wieder so normal, wie schnell sind all die Einkäufe aufgegessen. Der Tisch, der so voll gepackt war mit allem möglichen, Süßen und Salzigen, viel Obst, das nur zu diesem Fest ins Haus kommt. Die ganze Pracht, der Hauch von Luxus auch für die Armen, die dafür Schulden auf sich nehmen - nach ein paar Tagen vorbei. Der Besuch war da und die Besuche bei den Besuchern wiederum sind gemacht.

Wieder ist ein Jahr vorbei. Wieder hat ein Neues begonnen. Fast untergegangen in all den geschäftigen Unternehmungen. Fast hat es sich unbemerkt reingeschlichen. Der kurze Glanz, die strahlenden Kinderaugen im Angesicht der vielen Leckereien. Mit dem letzten Stück Baklava aufgegessen. Viel zu schnell steht da wieder der leere Tisch. Viel zu schnell ist da wieder dieser Alltag. Diese Hoffnungslosigkeit, dass es dieses Jahr auch nicht besser werden wird. All die Lichter verlöschen wieder. Der Baum mit seinem blinkenden bunten Lichtergefunkel im Zentrum der Stadt wird abgebaut, irgendwo zusammengeklappt in einer Ecke verstaut. Bis zum nächsten Mal.

Auch unser "Fest" ist vorbei. Weihnachten ist vorbei.

Doch ist es das wirklich? Mein Herz wird froh bei dem Gedanken, dass es nie vorbei ist. Die Freude über das Kommen von Jesus begleitet mich im ganzen Jahr. Nicht nur an dem eigentlichen Tag. Da bleibt nicht die Leere danach, die Traurigkeit, dass es sich nun so schnell wieder verabschiedet hat.
Da bleibt die Freude, dass Jesus gekommen ist, um zu bleiben.

In Johannes 1 steht:

"In ihm war das Leben und das Leben war das Licht der Menschen.
Und das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis hat es nicht erfasst.

Und das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns und wir haben seine Herrlichkeit angeschaut."

Wie wunderbar, dass dieses Licht, dieses Leben, diese Herrlichkeit unter uns, ja, in uns lebt. Egal, wie finster es um uns ist (und um uns ist eine große geistliche Finsternis), das Licht scheint heller und klarer, je dunkler es ist.

Wenn längst die letzten blinkenden Lichter verloschen sind, sein Licht lebt und blinkt lebendig in und um uns herum.

20 Zitate aus dem Buch "The Broken Way"

Als ich heute in Rückschau auf das Jahr 2017 mein Tagebuch durchgeblättert habe, da habe ich wieder viele Sätze aus dem Buch "The Broken Way" von Ann Voskamp gelesen, welches ich zu Anfang des Jahres gelesen habe. Wieder wurde ich davon gesegnet und berührt. Es war das beste Buch, das ich in diesem Jahr gelesen habe. Und so will ich in unserer kleinen Reihe der Zitate aus Büchern, die uns bewegt und geprägt haben fortfahren und hoffe, du wirst dadurch ermutigt für das neue Jahr 2018. Da es das Buch bisher nur in englisch gibt, (leider) auch die Zitate in englisch.

This is how you live with your one broken heart: you give it away.  (41)

You have only one decision every day: how will you use your time? (59)

No one can measure the length of your life, but you can always determine that your life has meaning. (61)

Time isn't something you seize, it's something you sacrifice. It's not something to grab, it's something to give. (62)

Live every day like you're terminal. Because you are. Live every day like your soul's eternal. Because it is. (70)

What if instead of waiting for good enough things to happen to us, we could be the good thing to happen to someone else who's waiting. (87)

You are where you are for such a time as this - not to make an impression but to make a difference. ... No change of circumstances can change your life like meaning and purpose can. No certain place can give you abundant life like a certain purpose can. Like purpose and meaning and connection can.  (91)

You do something great with your life when you do all the small things with His great love.

The only way to live a truly remarkable life is not to get everyone to notice you, but to leave noticeable marks of His love everywhere you go. (109)

I am what I love and I will love you like Jesus, because of Jesus, through the strength of Jesus. I will love when I'm not loved back. I will love when I'm hurt and disappointed and betrayed and inconvenienced and rejected. I simply will love, no expectations, no conditions, no demands. Love is not always agreement with someone, but it is always sacrifice for someone. ... For what is faith, what is love, if it is not practiced? (120)

There are very few men who realize what God would make of them if they abandoned themselves into His hands and let themselves be formed by His Grace. - Ignatius (126)

Maybe it is better to give than to receive because it's only when we give that we receive what we truly need. (129)

Your heart is beautiful - especially the broken edges where you let the love get in. (153)

Accept the tension of feeling yourself led to the edge of yourself.

In the raw experience of 'I cannot do this', you experience how He remakes you into someone who can. And our broken hearts are called to that impossible, because that is who He, He who is in us, makes us: the impossables. (160)

It definitely gets harder before it gets easier. But it will definitely get better- if you don't give up when it's hardest. So let's not allow ourselves to get fatigued doing good. At the right time we will harvest a crop if we don't give up, or quit. (162)

You don't jugde your feelings, you feel feelings - and then give them to God. (170)

Do the next thing. When nothing feels simple, simply do the next thing.

Never be afraid of broken things - because Christ is redeeming everything. 

A passionate life is a sacrificial life. A life that wants to embrace Christ is a life that must embrace suffering. A life of giving is ultimately the most live-giving. (242)

Faith is confidence in the kindness of God, no matter the confusion of circumstances. (247)

It`s always the broken heart that breaks broken hearts free. (257)

Heimweh

Nun ist nicht mal mehr eine Woche bis Weihnachten. Wie die Zeit nur so schnell vergeht. Heute schneit es. Kleine weiße Flocken tanzen zu Boden.
Ich sitze wie jeden Montag morgen nach getaner Hausarbeit am Tisch und nehme mir besonders viel Zeit für Gott. So jedenfalls ist der Plan. Ich will in der Bibel lesen, auf ihn hören, die kommende Woche planen, hören, was er will...

Doch das ist gar nicht so einfach. So viele Gedanken gehen mir durch den Kopf. Was muss ich noch alles tun in dieser Woche? Wie wird die Weihnachtsfeier mit diesen vielen lauten Kindern und ihren Eltern? Wird es gut oder eine Blamage?
Und wie feiern wir Weihnachten? Was kochen wir? Was könnte ich den Kindern noch kleines schenken?

Und dann ist da noch dieses Heimweh. Ich blicke aus dem Fenster, sehe den großen Berg direkt neben unserem Haus, sehe den großen Baum mit den Vögeln darin und ich wünschte mir, zuhause zu sein. Also da zu sein, wo unsere Familien sind. Auch hier ist unser Zuhause, sicher, aber gerade bei diesem Fest, da zieht es mich dieses Jahr mehr denn je innerlich zurück.

Ich möchte mitfeiern. Ich möchte in die Gemeinde gehen. Ich möchte alle meine lieben Freunde treffen, sie umarmen, ihnen frohe Weihnachten wünschen. Ich möchte die schönen Lieder in feierlicher Stimmung singen, die Kerzen und Lichter sehen, die Freude und Vorfreude der Kinder spüren, und mich an meine eigene Kindheit zurückerinnern. Ich möchte etwas besonderes essen, möchte mich hübsch machen, möchte lachen und mich freuen, möchte bei meiner Familie sein.

Wir haben hier unseren wichtigen Auftrag, ich weiß. Dennoch scheint es mir manchmal auch wie eine Last, dass wir die einzigen sind, die Weihnachten feiern. Wenn wir es nicht tun, dann tut es keiner. Und dennoch ist da dieser menschliche Wunsch dort zu sein, wo man so viel Jahre seines Lebens verbracht hat und wo einen die Erinnerungen immer wieder hintragen.

Ich lese in dem Andachtsbuch von Joni Eareckson Tada. Ihre Worte und ihr Gebet berühren mich. Der Vers aus Römer 8,32 spricht laut zu mir und ich will es fest glauben, was da steht:

Er, der doch seinen eigenen Sohn nicht verschont,
sondern ihn für uns alle hingegeben hat-
Wie wird es uns mit ihm nicht auch alles schenken?

In Jesus ist mir alles geschenkt. Alles was ich brauche, habe ich in ihm! Das ist ein Geheimnis, das ist ein Versprechen, das ist eine Zusage. Das will in mein Herz sprechen und es ruhig machen. Will es trösten und neu ausrichten.

Das Gebet am Ende möchte ich heute zu dem meinen machen:

Lieber Gott, du bist der Vater des Lichts. Alle gute Gabe kommt von dir.
Danke für deine Güte und Großzügigkeit mir gegenüber,
Die du mir auf 10 000 verschiedenen Wegen heute zeigst.
Heute will ich meine Segnungen zählen und
Oft an dich denken und dir Danke sagen.

Der Besuch in einer Familie die trauert

Es ist schon dunkel draußen. Ich setze mich nach hinten ins Auto nach einem kleinen Kampf mit Shaban, der mir aus Respekt den vorderen Platz geben möchte. Doch ich kenne die Kultur nun so gut, dass ich weiß, dass Männer hier immer vorne sitzen.
Wir fahren los. In der Stadt ist fast nichts mehr los. Einzelne Leute laufen über die Straßen. In den Cafés sitzen hier und da noch Männer. Seit ein paar Tagen ist auch der große Baum in der Mitte der Stadt aufgestellt. Was für uns ein Weihnachtsbaum ist, ist für die Menschen hier der Neujahrsbaum, weil sie kein Weihnachten kennen. Tausende Kugeln schmücken ihn. Aber es fehlen noch die Lichter. Er ist noch dunkel und nicht erleuchtet.

Alles scheint so normal, so alltäglich hier. Aber in meinem Herzen fühle ich mich alles andere als "alltäglich". Ich bin auf dem Weg in ein Haus, in dem vor einer Stunde ein Mensch seinen letzten Atemzug getan hat.

Vor vier Tagen hatte unsere albanische Oma, die Mutter von unserer geliebten Rrushe, mit der wir gemeinsam in einem Haus leben, einen Schlaganfall. Seitdem lag sie ohne Bewusstsein in der kleinen, ärmlichen Stube des Sohnes. Das schlechte Sofa ausgeklappt und mit einer Matratze verstärkt.
Ihre Augen sind geschlossen, sie kann nicht mehr reden, nicht mehr trinken oder essen. Anfangs bewegte sie noch die linke Hand. Einmal beobachtet ich, wie ihr Sohn (sie hat drei Söhne und zwei Töchter) sich hinter sie setzte, und ihre Hand mit seiner liebevoll bewegte. Was für kostbare kleine und letzte Zeichen der Zuneigung und Liebe.

Rrushe war die ganze Zeit bei ihr. Sie tat in diesen vier Tagen und vier Nächten kaum ein Auge zu.
Ich fuhr jeden Tag hin, einfach um ihr beizustehen, zu trösten und Worte des Lebens weiterzugeben. Innerlich betete ich zu Jesus und um sein Eingreifen. Dass er sich über die liebe Nena Aishe kümmert. Und um alle andern in der Familie.

Vor einer halben Stunde hatte ich nun die Nachricht von ihrem Tod bekommen. Mitten im Plätzchen backen mache ich mich mit Shaban und unserem Nachbarn auf den Weg in das Haus der Trauer.
Mir war immer klar gewesen, dass wenn der Tag kommt, an dem Rrushes Mama geht, dann ist mein Platz an Rrushes Seite. Da sie selbst keine eigenen Kinder hat, bin ich ihre Tochter geworden. Mein Herz ist voller Liebe für diese Frau.

Die Lichter unserer Stadt verschwinden langsam. Wir sind auf dem Weg ins Dorf, 20 Minuten entfernt, in die Berge, auf einer kurvigen Straße. Wir schweigen. Keinem ist nach reden zumute. Mein Blick geht aus dem Fenster. Hier in der Dunkelheit, die keine Straßenlaterne erhellt, fällt mein Blick zu dem klaren Sternenhimmel. Wie schön, denke ich. Wie wunderschön.

Als wir ankommen, müssen wir erstmal noch einen kleinen Marsch hinter uns legen, bis wir zu dem Haus gelangen. Es ist still. Die Angehörigen, die für mich zu einer Familie geworden sind, begrüßen mich. Mit Tränen in den Augen nehme ich die Söhne in den Arm. Dass mich Männer in den Arm nehmen ist unüblich hier und ist ein Zeichen, dass ich ihnen wie eine Schwester oder Tochter bin. Ein Zeichen von: du gehörst zu uns.

Ich gebe die Kerze und das eingerahmte Bild von Nena Aishe ab und geh in die kleine, ärmliche Stube. Da stehen nur alte Sofas und ein Ofen, der die letzten Tage und Nächte durcharbeiten musste. Nena Aishes Gesicht ist mit ihrem weißen Kopftuch bedeckt. Sie ist mit einer schönen Decke zugedeckt. Ich gehe zuerst zu Rrushe. Meine geliebte Rrushe. Bei dem Gedanken, wie sehr ihr Herz jetzt schmerzt, bekomme auch ich Tränen in die Augen. Sie hatte immer eine sehr besondere und liebevolle Beziehung zu ihrer Mutter gehabt. Und obwohl sie ein gutes Alter hatte und auch einen Tod ohne große Schmerzen, trotzdem schmerzt der Abschied sehr.

Nacheinander nehme ich auch die anderen in den Arm und drücke mein Beileid aus. Die Stimmung ist schwer und doch nicht zu drückend. Shaban und der Nachbar waren nur ganz kurz in dem Raum und sind dann in den Nebenraum, der extra für die Männer vorbereitet wurde. Wie schlimm, dachte ich, dass man sich hier als Eheleute in solch einer Situation nicht beistehen kann... Mein Mann wäre für mich doch der erste, der mich trösten und im Arm halten würde, wenn meine Mutter stirbt.

Dann kommen einige Enkeltöchter rein. Eine von ihnen weint bitterlich, laut und ohne Hemmungen. Sie reißt das weiße Tuch weg und küsst das Gesicht der toten Oma. "Sei leise!" Hör ich von hier und da. "Nehmt sie da weg." Von einer anderen Seite. Doch Emotionen lassen sich nicht so leicht weg-befehlen.
Immer mehr Angehörige kommen und weinen und klagen. Ich sitze dabei. Still. Mein Blick geht immer wieder zu Rrushe. "Ich muss jetzt stark sein wie ein Mann." Hatte sie mir vorher gesagt.

Als sie sich dann zu ihrer Mutter kniet, komme ich zu ihr. Ich lege meinen Arm um sie.
Sie möchte ihre Mama berühren. Das Gesicht, das sie so oft gesehen hat, gewaschen hat, geküsst hat. Sie will es sehen und berühren und ich verstehe es so gut. Als wieder jemand kommt und sagt, "Lass das." Da sage ich: "Lass sie doch. Sie braucht die Zeit zum Abschiednehmen." Nur zu schnell wird der tote Körper nicht mehr hier sein. Innerhalb von 24 Stunden muss beerdigt werden und es ist allen klar, dass am nächsten Tag um 12 Uhr wie üblich die Beerdigung sein wird. Sie hat noch 16 Stunden.

Ich nehme meinen Mut zusammen und bete mit Rrushe. Ich bete zu Jesus. Und mein innerer Schrei ist, dass Er durchbricht und sie Ihn erkennen darf.

Nach ein einhalb Stunden gehen wir wieder. Die Familie im Haus hat nun viel vorzubereiten für die Beerdigung am nächsten Tag. Sie müssen das Bestattungsunternehmen rufen, einen Sarg besorgen, ein Grab ausschaufeln, ein Essen für alle, die kommen werden, organisieren, Nena Aishe waschen und herrichten und die ganze Nacht Totenwache halten. Sicher gibt es noch viel mehr Dinge, die nun getan werden müssen, und von denen ich keine Ahnung habe.

Ich sitze wieder im Auto. Der Nachbar möchte mit mir über eine Arbeit in Deutschland reden. Nach einer Weile sage ich ihm, dass meine Gedanken gerade wo anders sind. Shaban sagt nur: Gott segne dich.

Der Sternenhimmel ist schöner denn je. Klar und strahlend in dieser Dunkelheit.

Vom Leben und Sterben in Albanien

Diesen Artikel hat Rahel vorgestern geschrieben. Heute Nachmittag ist unsere liebe Nena Aishe gestorben.

Seit zwei Tagen liegt die Mutter meiner albanischen Mutter im Sterben. Sie hatte am Sonntag Abend ganz plötzlich einen Schlaganfall und liegt seither im Koma. Es geht dem Ende entgegen…

Ich kenne und liebe diese alte Frau sehr. Gerade in der Anfangszeit war sie häufiger bei uns im Haus, auch für mehrere Wochen. Unsere Rrushe ist ihre geliebte älteste Tochter, die sie mit 16 Jahren bekommen hat. Rrushe sagte mir öfter, dass ihre Mutter ihr eher wie eine Schwester ist, als wie eine Mutter.

Seit einiger Zeit nun war sie zunehmend dement. Körperlich aber doch noch sehr fit, trotz ihren 84 Jahren und einem unvorstellbar hartem Leben.
Sie hat mit 15 Jahren geheiratet und mit 16 Jahren ihr erstes Kind bekommen. Es folgten acht weitere Schwangerschaften, wobei nur vier der acht Kinder ihre Kindheit überlebten. Zu dieser Zeit war es noch so normal, dass in fast jeder Familie ein Kind an einer heute vermeidbaren Krankheit starb. Wenn Rrushe mir erzählt von den Geburten im Kuhstall, weil das im Winter der wärmste und geschützteste Ort war, dann wird mir ganz anders. Was für ein hartes Leben. Immer wieder stehe ich voller Respekt vor diesen alten Frauen, schau mir ihre Hände und ihren abgenutzten Körper an und kann nur erahnen, was sie in ihrem Leben alles körperlich leisten mussten.

Und so liegt da nun diese dünne Frau. Sie atmet schwer. Sie liegt nicht weit von dem Haus entfernt, in dem sie die meiste Zeit ihres Lebens verbracht hat. Die Frauen im Raum, Verwandte und Nachbarn, glauben, dass sie noch alles mitbekommt und weisen die zurecht, die weinen und ihrer Traurigkeit freien Lauf lassen wollen. Das wird strikt unterbunden. Seit heute sind Männer und Frauen getrennt in zwei Räumen. Die Frauen halten die „Wache“ bei der Sterbenden.

Als ich gestern das erste Mal dorthin kam, war ich überrascht so viele Menschen zu sehen. Die verbliebenen zwei Geschwister waren schon angereist und auch alle möglichen anderen Verwandten. Ich hatte viele sehr unterschiedliche Gedanken.
In Deutschland läge diese Frau jetzt auf der Intensivstation, würde beatmet und mit einer Sonde ernährt werden. Und man wüsste ganz genau, was in ihrem Körper eigentlich passiert ist. Hier wissen wir nichts so wirklich. Die Menschen nehmen an und sicher haben sie auch Erfahrung. Dennoch, die Ungewissheit und die Spannung: sollen wir noch in ein Krankenhaus gehen, oder nicht? Machen wir noch alles menschenmögliche für den geliebten Menschen? In welches Krankenhaus kann man gehen? Das in unserer Stadt kann man vergessen. Alle anderen sind weit und will man das der alten Frau noch zumuten?
Es ist schwierig und es tut mir so leid, dass sie nicht bessere Hilfe zur Seite haben.

Auf der anderen Seite denke ich auch, dass es für diese Frau doch besser ist, jetzt gehen zu dürfen und nicht noch künstlich am Leben erhalten zu werden.

Eine Krankenschwester, die in dem Dorf lebt, kommt immer wieder vorbei, um Blutdruck, Temperatur und den Puls zu messen. Die Menschen hier haben oft schon so viele sterben sehen, sodass sie sehr gut auch die Anzeichen kennen, die das fortschreitende Abscheiden des Sterbenden begleiten. Darum werden immer wieder die Füße der alten Frau betastet. Werden sie schon kälter?
In einem letzten verzweifelten Versuch, probiert die Krankenschwester eine Infusion zu geben. Doch die schwachen Venen platzen immer wieder nach kurzer Zeit. Dann geben sie es noch viermaligem Probieren auf. Ein gewisser Hoffnungsschimmer schwindet…

Als ich mich in dem Raum umschaute, sah ich alte und junge, Frauen und Männer, wahrscheinlich alle haben noch nie wirklich von Jesus gehört. Von dem Licht, das er gebracht hat, von der Hoffnung auf ein ewiges Leben mit ihm, von dem Weg, den er durch sein Sterben und seine Auferstehung geöffnet hat zum Vater. Es macht mich traurig. Und ich spüre innerlich einen Antrieb zu reden. Aber was sagen?
Ich möchte nicht taktlos sein. Eigentlich spricht eine junge Frau nicht vor so vielen Männern. Aber das soll mich nicht abhalten.

Kurz bevor wir gehen, nehme ich nochmal meinen Mut zusammen und frage um Erlaubnis, etwas aus der Bibel lesen zu dürfen. Ich lese Psalm 23 und sage noch etwas dazu. Manche schauen nachdenklich, einer lächelt mich immer nur an. Aber gerade die Söhne der Sterbenden, zu denen ich eine sehr gute Beziehung habe, hören zu und wollen etwas hören. Als ob sie die ganze Zeit darauf gewartet hätten.

Wie Verdurstende, die nach Wasser rufen.

Hier ein Foto von Rahel und der lieben Nena Aishe.

 

Was uns die Wüste lehrt

Schon vor einigen Jahren haben wir uns die DVD Reihe "Planet Erde" zugelegt. Seit wir nun bei unseren Nachbarn zu Besuch waren und da zufällig eine Tierdoku lief und unsere Kinder so fasziniert von dem sich langsam in die Luft bewegenden Wal waren, seit dem wusste ich, dass ich meinen Kindern die Faszination dieser Erde zeigen will.

So schauen wir nun immer mal wieder am Abend eine Episode an. Die Kinder verstehen noch lang nicht alles, Gideon fragt bei jeder Zahl, die er hört wie hoch, lang, oder weit das ist. Aber dennoch, diese Zeit, in der wir in Meeres-, Wüsten-, Tiefsee- oder Dschungelwelten abtauchen ist für mich wie ein Gottesdienst. Eine Anbetungszeit!
Wie wahnsinnig schön und durchdacht Gott alles geschaffen hat. Immer wieder weise ich meine Kinder darauf hin, dass Gott das alles so gemacht hat. Er war es!

Heute nun, als es um die Wüste und das Leben darin ging, da sprach eine Sache besonders zu meinem Herzen:
Es gibt Samen in der Wüste, der selbst nach 30 Jahren Trockenzeit, nach 30 Jahren Schlummern im Boden, mit dem Einfall des Regens plötzlich aufgeht. Nach 30 Jahren! Same, der aufgeht. Der blüht und grünt. Same, den man nicht gesehen hat. Bei Berührung mit Wasser geht er auf.

Mir kamen dazu gleich mehrere Gedanken.
Heute las ich eine Gebetsmail von Freunden, die gerade in Indonesien eine richtige Erweckung erleben. Da geschieht so viel. Heilungen, Befreiung von okkulten Mächten, Hinwendung zu Jesus, Mobilisierung von Gläubigen, um ihre eigenen Leute zu erreichen. So viel Schönes geschieht. So viel Wundervolles. Ich freue mich darüber.

Und dennoch denke ich auch unwillkürlich: warum geschieht das nicht bei uns? Machen wir etwas falsch? Müssen wir mehr erwarten, beten, usw. Warum geschieht hier, im Vergleich zu dem, was in Indonesien und anderen Teilen der Welt passiert, so wenig?

Vielleicht ist es dieses Bild des Samens in der Wüste.
Diese Freunde leben nun schon seit 15 Jahren in diesem Land. Erst seit dem letzten Jahr erleben sie diese Durchbrüche. Davor haben sie gesät und durchgehalten. Nicht aufgegeben. Weitergemacht, trotz wenig sichtbarem "Erfolg".

Doch dann kam der Regen. Der Regen vom Himmel, von Gott.
Er kam mit seinem Zeitplan, zu seiner Zeit, nicht zu unserer. Den Regen haben wir nicht unter Kontrolle.
Aber der Same. Er lag da. Versteckt unter dem Sand. Viel Samen. Bereit, um zu seiner Zeit aufzugehen. Nicht zu unserer. Bereit, zu wachsen und zur Blüte zu kommen. Teilweise auch nach 30 Jahren. Nach so vielen, langen Jahren.

Vielleicht ist es hier auch so. Wir streuen den Samen. Er bleibt liegen. Wir wissen nicht, was aus ihm geschieht. Wir wissen nur, wir müssen viel streuen. Und wir müssen Geduld haben. Die Wüste lehrt uns: auch was tot aussieht, es sieht nur nach außen so aus. Das Potenzial zum Leben ist da. Es braucht nur Regen. Geistlich gesagt: es braucht den belebenden Geist Gottes, der aus totgeglaubten Leben macht. Genau das ist es, was geschieht, wenn ein Mensch an Jesus glaubt und wiedergeboren wird.

Das wollen wir hier sehen! Danach verlangen wir. Dafür beten wir. Doch Gott hat seine Zeit. Wir wollen in Geduld weitermachen und säen und darauf vertrauen, was in Galater 6,9 steht:

"Lasst uns aber im Gutestun nicht müde werden!
Denn zur bestimmten Zeit werden wir ernten,
Wenn wir nicht ermatten."

Mein größter Fehler als Mutter

Vor ein paar Tagen schickte mir mein Mann einen tollen Artikel. Er war überschrieben mit: "Mein größter Fehler als Mutter" (ins deutsche übersetzt). Geschrieben ist der Artikel von Carolyn Mahaney, die mittlerweile vier erwachsene Töchter hat.

Vor einigen Jahren wurde ihr die Frage gestellt, was sie anders machen würde, wenn sie ihre Töchter noch einmal großziehen könnte. Es kamen ihr schnell all ihre Fehler und Niederlagen in den Sinn, aber sogleich hatte sie ihre Antwort:

"Ich wünschte, ich hätte mehr auf Gott vertraut."

Einer ihrer Lieblingsverse steht in Psalm 37,3: "Vertraue auf den Herrn und tue Gutes."
Im alltäglichen Muttersein allerdings lebte sie den Vers von hinten. "Tue Gutes" stand vor dem "Vertraue auf den Herrn". Dabei ist es nicht so, dass sie nicht auf Gott vertraute. Aber zu manchen Zeiten rückte dieses Gutes tun in den Vordergrund und das Vertrauen auf den Herrn in den Hintergrund. Sie war so darauf fokussiert, was sie tun für ihre Kinder tat oder auch nicht tat, dass sie gar nicht wahrnahm, was Gott in dem Leben der Kinder tat. Gott zu vertrauen war mehr so ein Nebengedanke und eigentlich erzog sie die Kinder so, als läge alles an ihr.

Das hatte zur Folge, dass sie von Schuld geplagt wurde. Nichts, was sie tat, war jemals gut genug. Und sie bekam Angst. Angst und Sorge, dass all ihre Bemühungen in einer Niederlage enden würden. Sie sorgte sich, dass ihre Begrenzungen ihre Kinder einschränken würde, dass ihre Sünde sie für ihr Leben zeichnen würde und dass all ihre Hoffnung enttäuscht würde. Sie versuchte eigentlich im Leben ihrer Kinder der Heilige Geist zu sein. Doch das kann nicht gut gehen.

Was nun ist der Ausweg aus dem ganzen?

"Beladen mit Schuld und voll mit Angst, fliege ich zu dir, mein Herr!" (Isaac Watts)

Das ist der Weg, den wir immer wieder gehen müssen. Immer, immer wieder.
Das, was wir im Leben unser Kinder nicht tun können, das tut Gott.

Wenn man noch so mitten in seiner Aufgabe der Kindererziehung steht, empfinde ich es manchmal als schwierig, darauf zu vertrauen, dass es wirklich an Gott liegt nicht an meiner tollen Erziehung. (Was auch nicht heißt, dass es völlig egal ist, wie ich erziehe). Aber die entscheidenden Dinge, die tut Gott.

Wenn wir das Herz unserer Kinder verändern könnten, dann hätte Jesus nicht kommen müssen. Er ist gekommen, um uns zu erlösen von uns selbst. Von unserer Sünde, die in jedem von uns wohnt. Unsere Regeln und Gebote "machen" vielleicht wohlerzogene Kinder, aber keine Kinder, die ein neues Herz haben. Dafür ist Jesus gekommen! Und das ist gut so! Das ist so befreiend!

Ich wünsche mir jetzt schon manchmal den Blick, den ich erst in 20 Jahren haben werde. Sicher werde ich auch dann staunend dastehen und eingestehen, dass ich doch mehr hätte vertrauen sollen. Weniger Sorgen machen um Dinge, die eh nicht in meiner Hand liegen. Und darauf vertrauen, dass Gott es gut machen wird mit allem, weil er gut ist!

Aber heute schon, mitten drin, will ich vertrauen und immer wieder, immer wieder meinen Blick weg richten von mir hin zu ihm!

Der Funken der Unzufriedenheit

Ich merke, wie mich unruhige Gedanken innerlich unzufrieden machen. Es sind die Gedanken, die immer mal wieder aufflackern wie ein Feuer, entstehend aus einem kleinen Funken, das die Gewalt hat, mein Inneres in Brand, Schmerz und Enge zu versetzen. Das befreite Atmen fällt schwer. Es wird noch mehr zum Brennen gebracht, indem ich mich mit anderen vergleiche. Diese schreckliche Seuche.

Das tue ich v.a. im Bezug auf meine Kinder. Immer wieder ist es der gleiche Kreislauf. Ich mache mir Sorgen um sie. Bekommen sie hier das, was sie brauchen? Können sie hier genug gefördert werden (dabei beeinflusst mich unser deutsches Denken und Leben).
Dann versuche ich zu denken, dass das Leben meiner Kinder keinen Schaden nimmt, nur weil sie nicht zum Fußballverein oder zum Reiten gehen können.
Dennoch, diese Sorge, dass meinen Kindern etwas Grundlegendes vorenthalten wird, verfolgt mich. (Dabei denke ich aber auch an den allergrößten Teil der Kinder auf der Welt, die nicht im entferntesten so gut und behütet aufwachsen wie meine - wieder die Frage, mit wem oder was vergleiche ich…).

Zu manchen Zeiten fällt nun dieser kleine Funke auf trockenen Boden und es entsteht ein größerer Brand. Manchmal erlischt er schnell und ohne großen Schaden.

Jetzt stöberte ich in unserem Blog. Ich mache das nicht so oft, aber ich wusste, dass ich genau zu dem Thema schon geschrieben hatte. Und ich suchte diese sechs Sätze, die ich mir jetzt ausdrucken und aufhängen will. Und ich fand sie unter der Überschrift “Das Geheimnis der Zufriedenheit”.
Ich mache dir Mut, sie ebenfalls auszudrucken und an einer gut sichtbaren Stelle aufzuhängen.

  1. Erlaube es dir nie, dich über irgendetwas zu beklagen, sogar nicht über das Wetter.
  2. Sehe dich nie in anderen Umständen oder an einem anderen Ort.
  3. Vergleiche nie dein Los mit dem anderer.
  4. Erlaube es dir nie zu wünschen, dass dies oder das anders gewesen wäre.
  5. Verliere dich nie im Morgen. Denke daran, dass das Morgen Gott gehört und nicht uns.
  6. Wähle dankbar zu sein für genau das, was du hast und für genau den Ort, an dem du gerade bist.

Wow. Das sind mal herausfordernde Sätze! Mein Verstand will mir sagen, dass es unmöglich ist, diese zu befolgen. Aber mein Herz flüstert leise: Du verlierst nichts, wenn du es versuchst. Versuche es, um meinetwillen…