Worüber wir lachen ...

Seit ich ein neues Tagebuch habe, habe ich begonnen, in den hinteren Seiten lustige Sprüche oder Szenen mit unseren Kindern reinzuschreiben. Zu schnell vergisst man wieder, worüber man mal herzlich gelacht hat. Das will ich nicht.

Mir ist bewusst, dass Eltern nochmal eine andere Sicht auf ihre "süßen" Kinder haben, wie Außenstehende. Und vielleicht findest du nicht alles so lustig, wie wir es fanden. - aber vielleicht auch doch...

Hier eine kleine Kostprobe von unseren allersüßesten Kids, Gideon (4) und Livia (2):

Gideon liegt morgens bei uns im Bett und jammert über Bauchschmerzen. Livia ist am rumturnen und das reizt auch Gideon. Mit einem strahlenden Gesicht meint er: "Fertig mir Bauchschmerzen!" Und schon ist er davon...

Gideon und Livia spielen im Garten. Dabei klettert Livia hinter eine Bank und plumpst auf den Po. Gideon lacht und Livia sagt in einem ernsten Ton (sie ist noch keine 2 Jahre alt): "Nicht lustig, Lalla (so hat sie Gideon bis vor kurzem genannt)"

Ich erzähle den Kindern die Geschichte von Jesu Auferstehung. Der Engel steht am leeren Grab und ich frage die Kinder, was der Engel dann gesagt hat. Schweigen. Dann strahlt Livia, winkt und sagt: "Hallo!"

Livia liegt mit ihrer neuen Puppe im Bett. Gideon sagt, er will auch eine haben. Da sagt Livia: "Du bist doch kein Mädchen, Gideon."

Gideon hat einen Klumpen Knete vor sich und schneidet ihn längs auf und meint: "Ich schlachte gerade eine Kuh." (Er hatte vor ein paar Tagen bei den Nachbarn im Garten zugesehen, wie sie eine Kuh geschlachtet haben. Bei Knete an eine geschlachtete Kuh zu denken, kann auch nur Kindern passieren, die nicht in D aufwachsen, dachte ich mir... 😉

Bleibe in diesem Moment

Schon seit einiger Zeit lese ich immer wieder den Blog von Ann Voskamp. Da in den letzten Wochen hier viel los war, kam ich leider nicht immer dazu. Doch dann blieb ich eher zufällig an einem Artikel hängen. Das Englisch, in dem sie schreibt, ist teilweise herausfordernd und man muss sich durch die ersten, manchmal verwirrenden Zeilen beißen.

Doch es hat sich gelohnt, bei diesem Artikel dran zu bleiben. Darin beschreibt sie den Tag und ihre Gefühle kurz nach Neujahr, als bei ihrem 13. Jährigen Sohn Diabetes Typ 1 festgestellt wurde. Was in einer Mutter vorgeht, wenn sie daran denkt, dass sich ihr Sohn sein Leben lang spritzen muss und auch eine verkürzte Lebenserwartung hat (unser Leben liegt ja in Gottes Hand, dennoch kann einen das aus der Bahn werfen), das wird jede Mutter nachvollziehen können.

Dann schreibt sie von dem Manna. Wir hatten gerade mit unseren Kindern in der Abendandacht die Geschichte von Mose gehabt und die Versorgung des Volkes Israel mit Manna in der Wüste. Gott hatte ihnen diese wohlschmeckende Speise vom Himmel geschenkt, jeden Tag nur so viel, wie sie brauchten. Am nächsten Tag war es nicht mehr essbar.

Sie schreibt nun Folgendes:

"Die Gnade, die in diesem Moment da ist, ist dein Manna. 

Wünsche dir die Vergangenheit herbei und du trinkst Gift. 

Sorge dich um die Zukunft und du isst Feuer.

Bleibe in diesem Moment

Und ess das Manna, das du für heute brauchst.

Bleibe in diesem Moment.

Bleibe in diesem Moment: du bist sicher in diesem Moment, weil Gott hier ist."

Und fast am Ende schreibt sie einen Satz, dessen Wahrheit wir auch zutiefst glauben:

"Suffering is a Gift He (God)  entrusts and He can be trusted to make this suffering into a Gift."

(Leiden ist ein Geschenk, dass Er (Gott) anvertraut und ihm kann vertraut werden, dass er aus dem Leiden ein Geschenk macht.)

Ich weiß nicht, an welcher Stelle du gerade stehst, in welchem Moment du leidest und nicht weiter weißt. Aber ich weiß, dass Gott dich genau in diesem Moment treffen will. Er will dir begegnen und er will dir genau das geben, was du heute brauchst.

Er wird dein Leiden in ein Geschenk verwandeln. Er wird es fruchtbar machen für dich und andere. Das glaube ich zutiefst.

Sehne nicht Vergangenes oder einen vergangenen Zustand herbei, fürchte nicht die Zukunft. Das ist Gift für deine Seele.

Bleibe hier und jetzt und lebe aus seiner Gnade an jedem neuen Tag.

Ein Samstag im Januar

Heute ist Samstag. In Deutschland ist das oft ein Tag, an dem man gemeinsam als Familie etwas schönes unternimmt. Selbst jetzt in der kalten Jahreszeit hat man da doch viele Möglichkeiten.

So lag ich heute morgen in meinem Bett und dachte, wie gern ich doch mit meinen Kids ins Schwimmbad gehen würde. Das Problem ist nur, dass es in ganz Albanien meines Wissens nach kein Schwimmbad gibt.
Draußen war es trüb, nasser Schnee viel vom Himmel, der Wind blies gegen unser Fenster. Kein Wetter zum rausgehen.
Die fehlenden "Ausgleichsmöglichkeiten" hier in unserer Gegend (v.a. im Winter) empfinde ich schon immer wieder als Herausforderung. Da gibt es eigentlich gar nichts, wo man hingehen könnte, um mit Kindern Spaß zu haben. Wie verwöhnt ist man da von Deutschland...

Ich schob aber diese Gedanken schnell beiseite. Ich hielt mich daran fest, dass Gott uns hier her gestellt hat und es auch unseren Kindern an nichts mangeln wird.

Ich überlegte, wie ich den Tag gestalten will mit unseren beiden Kids.
Mir kam die Idee, mit ihnen Knete herzustellen. Ich hatte das schon mal gemacht und es machte den beiden viel Spaß damit zu arbeiten. So rührten wir grüne Knetmasse zusammen und fast den ganzen Vormittag waren sie damit beschäftigt Würste zu rollen, Apfeltaschen zu backen und vieles mehr.

Gideon hatte einen Klumpen vor sich liegen und schnitt ihn längs auf. Dann meinte er zu mir, dass er gerade eine Kuh schlachte. - Auf solch eine Idee kommt nur ein Junge, der in Albanien aufwächst. Vor einigen Wochen hatten unsere Nachbarn eine Kuh in ihrem Garten geschlachtet. Gideon hat das von der Nähe betrachtet. Er hat wenig Probleme mit so etwas, im Vergleich zu mir...

Am Frühstückstisch meinte Gideon unvermittelt, dass er heute Geburtstag hat. Er sagte das natürlich im Spaß in der Hoffnung ein kleines Geschenk zu bekommen.
Aber ich griff die Idee auf und dachte, warum eigentlich nicht, heute zu feiern, dass unsere Kinder geboren sind. So bug ich einen Schokoladenkuchen (morgens hatten wir noch relativ konstanten Strom - ab Nachmittag bis jetzt ist er bestimmt schon 20 mal gegangen und wiedergekommen).

Zu unserer obligatorischen "Kaffeepause", die wir meistens nach Livias Mittagsschlaf zelebrieren, gab es dann den Kuchen mit sechs Kerzen darauf. Vier für Gideon und zwei für Livia. Es war schön zu sehen, wie sie sich freuten und sie dann ausbliesen. Und in meinem Herzen war ich einfach dankbar für die Jahre mit diesen Kindern. Dankbar, dass sie geboren sind. Dankbar, dass Gott sie uns geschenkt hat. Viel zu oft sehe ich mehr die Arbeit und die große Herausforderung Tag ein Tag aus (zumal beide noch den ganzen Tag zuhause sind) und nicht den Segen, den sie in mein Leben gebracht haben.

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Die Weihnachtsfeier mit den Kids (Video)

Seit Oktober 2014 machen wir nun in unserer kleinen Küche eine Kinderstunde. In dieser Zeit sind mir die 20 Kinder, die regelmäßig kamen, sehr ans Herz gewachsen.
Unser Ziel für das letzte Jahr war, den Kindern mehr Geschichten aus der Bibel zu erzählen. Es war mir immer wieder eine große Freude, diesen Kindern die Worte des lebendigen Gottes weiterzugeben.

Im Dezember haben wir ausführlich die Weihnachtsgeschichte erzählt. Also von Elisabeth und Zacharias, von dem Engel, der zu Maria kam und von der Geburt unseres Retters. Als krönenden Abschluss feierten wir am Ende ein Weihnachtsfest. Wir schauten uns einen kleinen Teil aus dem Jesusfilm für Kinder an und ich hatte die Gelegenheit, den Kindern klar zu erzählen, warum Jesus gekommen ist.

Ich weiß nicht, was in diesen Kinderherzen vorgeht. Aber ich weiß, dass Gott diese Treffen gebrauchen wird, um etwas bleibendes in den Leben dieser Kids zu schaffen. Ich empfinde es als ein Vorrecht, ihnen sagen zu dürfen, dass Jesus sie liebt.

Erstmal pausieren wir mit dem Kindertreffen in unserer Küche. Doch ich bete und bin gespannt, wann es weitergehen kann.

Hier noch ein Video von diesem letzten Treffen zu Weihnachten. Danke Danny für deine Arbeit! Genießt es!

Unser Weihnachtsgottesdienst

Am 25. 12. feierten wir hier in unserer kleinen Stadt einen Gottesdienst zu Ehren des Geburtstagskindes - Jesus! Es war wohl der erste größere Gottesdienst dieser Art in dieser Stadt seit einer sehr, sehr langen Zeit. Schon seit Tagen hängt ein dichter Nebel über unserer gesamten Region, und dennoch sah ich den Himmel ein wenig geöffnet, als gut 40 Menschen, groß und klein, in unserem schön dekorierten Fitnessraum zusammen saßen.

Es waren ungefähr 20 Gläubige aus unserer Nachbarstadt gekommen, in der es schon eine kleine Gemeinde gibt. Einige von ihnen waren das erste Mal in unserer Stadt, obwohl diese gerade mal 35 Minuten mit dem Auto entfernt ist. Es war für uns kleine Schar an Gläubigen hier eine große Ermutigung, mit diesen Geschwistern zu feiern.

Und noch ermutigender war es, dass sich einige Menschen von hier einladen ließen. Da war unser lieber Nachbar von unten und Rrushes Bruder. (Rrushe selbst bot sich an, auf unsere Kids aufzupassen in dieser Zeit, was mich wiederum freisetzte, um mich ganz um unsere Gäste zu kümmern. - Sie verschob extra das traditionelle Baklava - Backen, um mich unterstützen zu können.) Es kamen ganze Familien und Ehepaare und zwei Frauen, die sonst zum Sport machen in diese Räumlichkeiten kommen.

Die Stühle reichten genau. Alle fanden einen Platz. Nach einer viertel Stunde Verspätung kam auch der Lobpreisleiter. Er musste wegen dem starken Nebel sehr langsam fahren und kam gerade aus der Hauptstadt. Doch die Atmosphäre war gut. Mit kräftigen Stimmen hörten unsere Freunde hier wohl das erste Mal, wie live Weihnachtslieder gesunden werden.

Danny hatte sich intensiv auf seine erste Predigt in albanisch vor einer größeren Menschenmenge vorbereitet. In unserem Wohnzimmer zu kleineren Gottesdiensten hat er schon öfter gepredigt. Er leitete durch das Programm und nach einem tollen Zeugnis von einer Frau aus der Nachbarstadt, fing er an.

“Fürchtet euch nicht!
Denn siehe, ich verkündige euch große Freude,
die für das ganze Volk sein wird.
Denn euch ist heute ein Retter geboren,
der ist Christus, der Herr.” (Lukas 2,10–11)

Danny sprach von dieser großen Freude und von diesem Kind, das geboren wurde und auch heute noch für uns große Bedeutung hat.

Ich saß ganz hinten im Raum, hinter mir saß eine Frau mit einem kleinen Baby, welches gefühlte 20x eine Rassel auf den Boden warf und auch andere Kinder wurden nach einer gewissen Zeit unruhig, man hörte hier und da Stimmen. Ich konnte innerlich nur beten, dass Gott Ruhe schenkt.

Ich freute mich so sehr zu sehen, wie mein Mann, dessen große Leidenschaft die Verkündigung des Evangeliums ist, dort vorne stand, und wie damals in deutsch, jetzt in dieser fremden Sprache redete. Was für ein Geschenk! Wer hätte das vor zwei Jahren gedacht, als wir die ersten Schritte in diese schwere Sprache machten. Preist den Herrn. Allein das empfand ich als einen großen Sieg.

Doch dann, wie durch ein Wunder, wurde es plötzlich mucksmäuschen still. Genau dann, als Danny von dem Jesus erzählte, der für uns gestorben und wiederauferstanden ist. Dem Jesus, der unser persönlicher Retter sein will. Alle schienen gebannt zuzuhören. Gott hatte zur richtigen Zeit die Ruhe und Aufmerksamkeit geschenkt. Was für ein schönes Zeichen seiner Gegenwart und seiner Führung. Er hält alles in seinen Händen.

Am Ende bekamen alle Anwesenden noch eine Kerze mit einer beklebten Streichholzschachtel mit. Diese soll sie daran erinnern, dass Jesus als Licht gekommen ist (und es ist noch ein praktisches Geschenk dazu… 🙂

Auch zum “Coktail” im Anschluss blieben die meisten noch und es ergaben sich das ein oder andere gute Gespräch.
Wir danken Gott sehr für dieses besondere Fest!

Das Eine bleibt gleich

Ein wenig fehlt einem ja schon das traditionelle Weihnachten, das wir aus Deutschland kennen. In einen festlichen Gottesdienst zu gehen, sich einfach beschenken lassen durch eine gute Predigt und schöne Musik. Viele liebe Menschen treffen, sich umarmen und gemeinsam freuen. Im Kreise der Familie sitzen, lecker essen, überall Kerzen und Lichter sehen… und so einiges mehr. (Vieles vermissen wir hier auch gar nicht!)

Am zweiten Weihnachtsfeiertag sahen wir uns dann übers Internet einen Gottesdienst einer größeren amerikanischen Gemeinde an. Sie hatte einen großen Kultursaal gemietet. Die erste Dreiviertelstunde war wie ein perfekt inszeniertes Konzert. So viele begabte Sänger und Musiker in einer Gemeinde. Ich war sehr beeindruckt. Die Zuschauer saßen in bequemen Lehnsesseln und wurden von einer tollen Darbietung beschenkt. (Ich sehe es wirklich als ein großes Geschenk, wenn man die Möglichkeit hat, zu guten Gemeinden gehen zu können und von Jesus zu hören. Wie viele Menschen haben das nicht!)

Unweigerlich musste ich auch an unseren Gottesdienst am Tag zuvor denken. Wieviel kleiner und bescheidener war unsere “Darbietung”. Keine große Show, keine Vortragslieder, keine Lichteffekte. Unsere Stühle waren nicht aus Samt, sondern aus Plastik, teilweise von einem Cafe ausgeliehen. Um die Stühle am Rand des Raumes standen die Fitnessgeräte, die Klimaanlage ratterte laut und musste zur Predigt ausgeschaltet werden, was wiederum eine gewisse Kälte im Raum zu Folge hatten. Jacke und Schal zog man lieber nicht aus.
Einige Arme und am Rande Stehende waren da - doch sind es nicht genau die, die Jesus immer zu sich gerufen hat?

In meinem inneren Auge sah ich diese zwei so unterschiedlichen Weihnachtsgottesdienste. Doch eines hatten sie gemeinsam: die klare Verkündigung des Evangeliums. Egal wie das drum herum ist, das eine bleibt gleich.
Den Menschen in den USA und überall auf der Welt wird nichts anderes angeboten, wie unseren einfachen Freunden hier in einer im dichten Nebel liegenden, vergessenen Stadt im äußersten Nordosten Albaniens.
Doch Gott hat sie nicht vergessen!!

Das Angebot für große Freude und Reichtum in Jesus gilt allen Menschen auf der Welt gleich! Das ist das Wunderbare! Das ist die Hoffnung, auch und gerade für die Menschen hier!

Die Hirten waren damals einfache und arme, ja, verachtete Leute - und gerade zu ihnen ist der Engel und die ganze himmlische Heerschar gekommen. Sie waren die ersten, die die frohe Botschaft hörten - und sie erzählten es weiter, nachdem sie Jesus gefunden hatten.

Wir beten und wollen nicht aufhören hier zu leben, den Menschen zu dienen, sie zu lieben und ihnen von Jesus zu erzählen, bis sie es verstanden haben und wie die Hirten sehen dürfen und dann voll Freude weitererzählen!

Der Same geht auf

Als wir noch nicht lange hier im Land waren, ging ich an einem trüben Tag spazieren. Ich war entmutigt von so einigen Dingen und wollte einfach nur meine Ruhe haben. Ich ging mit den beiden Kids raus und betete, dass ich möglichst wenige Leute treffe, die meine Kinder kneifen oder mit mir in meinem holprigen albanisch sprechen wollen.

So ging ich los und steuerte Richtung Berg, um zu sehen, ob ich dort vielleicht einen etwas abgelegenen Weg finden würde. Ich hatte es satt, immer angestarrt zu werden. Doch so kam ich in eine Sackgasse. Ich sah mich etwas um, doch es gab keinen Weg.

An einem alten Bretterverschlag kam eine junge Frau zum Vorschein. Sie schaute mich interessiert an und sagte dann: “Ist das nicht die Deutsche?” - So viel verstand ich auf jeden Fall schon. Und ich sagte: “Ja, die ist es.”
Daraufhin freute sie sich und lud mich mit einem strahlenden Lächeln zum Kaffee ein. Wir setzten uns draußen hin, ich mit Livia im Tragetuch. Sie brachte ihren kleinen Bunsenbrenner und braute einen türkischen Kaffee zusammen. Sie lobte mich für mein gutes albanisch (Balsam für meine entmutigte Seele) und so stiegen wir in ein einfaches und doch sehr herzliches Gespräch ein. Gleich kam auch noch ihre Schwägerin, hinzu, die direkt neben ihr im gleichen, einstöckigem Haus wohnt.

Heute sitze ich hier, vielleicht knapp zwei Jahre später und kann nur staunen, was Gott aus dieser Begegnung gemacht hat. Wir entwickelten eine Freundschaft, die anders war als manche andere. Da war Offenheit, gemeinsames Lachen und dennoch auch eine Bereitschaft, mit mir ihre Sorgen und Nöte zu teilen. Sie kamen mich auch immer wieder mal besuchen, was auch schon nicht ganz gewöhnlich ist.

Alma und Rosi (Namen geändert) sind die ersten zwei Frauen, denen Jesus das Herz geöffnet hat und die die Botschaft des Evangeliums verstehen durften:

Ein paar Wochen vor Weihnachten war ich wieder mal zu Besuch (gesegnet ist meine liebe Rrushe, bei der ich meine Kids immer mal wieder lassen kann, wenn ich in Ruhe Besuche machen will). Wir sprachen über unser großes Fest und wieder begann Alma, von Jesus zu reden (sehr außergewöhnlich) und wie er sie damals, als sie sehr viele Probleme hatte, erhört hat. Sie hatte in einer (ich nehme an katholischen) Kirche, in der ein großes Kreuz hing, gebetet und Jesus hatte sie in vielem erhört. Das ist schon viele Jahre her. Sie wusste nichts mehr davon, was das Kreuz bedeutete, aber sie wusste, dass im Namen Jesu Kraft ist!

Ich hatte für sie dann letztes Jahr zu Neujahr gebetet und auch da erhörte Jesus. In ihr ist ein Hunger und eine Leidenschaft, mehr von Jesus zu erfahren. Und es gibt nichts, was ich lieber tue, als mit den Menschen hier über Jesus zu reden. So erzählte ich ihr wieder Seine Geschichte. Ich sagte ihr auch, dass Jesus nicht an heilige Orte gebunden ist, sondern dass er hier in meinem Herzen lebt, und dass das jeder Mensch erleben darf, der mit ihm leben möchte.

Oh, das wolle sie auch! Mit strahlenden Augen, als hätte sie die ganze Zeit nur darauf gewartet, sagte sie, sie wüsste nur nicht, wie sie das machen kann. Ich sagte ihr, sie könne einfach zu Jesus beten und im sagen, dass er in ihr Leben kommen solle. … Dann kamen die Kids vom Kindergarten und von der Schule. Bis an diesen Punkt hatten wir Ruhe und keine Störung (das ist immer wieder ein entscheidender Faktor - so oft kommen Kinder oder Nachbarn und unterbrechen ein Gespräch). Ich hatte großen Frieden und versprach ihr, bald zu kommen, um mit ihr gemeinsam zu beten und in der Bibel zu lesen. (Ich hatte ihr schon vor einiger Zeit eine Bibel geschenkt.)

Nach ein paar Tagen ging ich wieder hin. Ich war aufgeregt. Ich finde es schon in deutsch so eine besondere und nicht ganz einfache Aufgabe, einen Menschen “zu Jesus zu führen”, wie wir so schön sagen. Zuvor hatten wir albanische Kalender aus Deutschland zugeschickt bekommen, die wir hier zu Neujahr als Geschenk weitergeben. Darin fand ich eine Karte in albanisch, wie man ein neues Leben mit Jesus beginnen kann, inklusive Gebet. Das war mir eine große Hilfe.

Als ich nun in Almas Haus kam, waren da gerade zwei Nachbarinnen. Ich wusste fest im Inneren, dass Gott uns den richtigen Augenblick schenken wird. Ich freute mich wie immer, neue Frauen kennenzulernen. (Sie luden mich auch herzlich in ihre Häuser ein - Halleluja!) Eine von beiden stellte sich als gute Bibelkennerin heraus. Sie meinte, sie hätte vor langer Zeit mal Bücher darüber gelesen. Sehr interessant!

Nach einer Weile gingen sie. Zuvor hatte Alma noch gesagt, dass sie gestern mit ihrem Mann gesprochen hätte und der nicht wolle, dass sie in der Bibel liest, da das nicht ihr Buch sei. Mit Jesus hätte er kein Problem. - Ich dachte schon: Hoffentlich macht sie jetzt nicht einen Rückzieher.

Doch nachdem der Besuch weg war, rückten die zwei, Rosi und Alma, nahe zu mir und ich fragte sie, was wir jetzt machen. Doch das Interesse war unverändert. Die geschenkte Bibel, die einen Ehrenplatz im Regal hat, sei kein Problem, da sie ja ein Geschenk ist.
Ich hatte auch noch eine Kinderbibel dabei, da ich weiß, dass gerade Alma das Lesen in der Bibel schwer fällt (sie hatte nur einfache Schule gemacht und danach keinerlei Übung im Lesen gehabt - das geht vielen Frauen hier so).
Diesmal war auch Rosi viel mehr bei der Sache und stellte gute Fragen und lenkte nicht mehr ab (wie sie manchmal tat). Wir lasen gemeinsam die wichtigen Bibelstellen und Rosi las das Gebet laut vor. Bei dem Vers, dass die Gnade Gottes das ewige Leben ist, meinte Alma ganz begeistert, dass wir uns ja dann später in der Ewigkeit sehen und uns zuwinken können - darüber freute sie sich sehr. 🙂

Ich betete noch mit den beiden und nahm sie fest in den Arm. Sie hatten mir schon öfter gesagt, dass ich für sie wie eine Schwester bin. Nun konnte ich ihnen sagen, dass wir geistlich wirklich Schwestern sind.

Als sie mich nach draußen begleitetet (man wird hier immer mindestens bis zum Tor begleitet, wenn nicht noch ein ganzes Stück länger!), sprachen wir darüber, wie wunderbar es ist, dass Jesus jetzt immer bei ihnen ist. Ich gehe vielleicht irgendwann, doch er bleibt. Beide haben große Nöte in ihren Familien. Rosi hat vier Jungs, die jetzt in die Pupertät kommen. Ihr Mann lebt illegal in England und kann daher auch nicht so einfach zurückkommen. Alma hat einen Mann, der spielsüchtig ist und auch viel trinkt. Er war schon viele Jahre im Gefängnis (was den großen Altersunterschied ihrer Kinder erklärt: der eine ist 14, der andere 4 Jahre alt). Jetzt ist sie nochmals schwanger.

Ich bin sehr gespannt, was Gott in diese Familien tun wird. Sie haben den gleichen Nachnamen, wie “unsere” Familie hier, Rrushe und Shaban. Sie haben noch sieben Schwägerinnen von seitens der Männer. Immer wieder treffe ich Besuch in ihren Häusern an. Zwar dürfen sie nicht allzu viel raus (natürlich nur mit Erlaubnis - auch des Mannes, der in England ist…), aber sie haben ein offenes Haus und das lässt mich hoffen, dass sie die gute Botschaft weitersagen können.

Betet bitte für diese zwei jungen Gläubigen. Betet für Wachstum und steigende Erkenntnis. Um Weisheit für mich und um wirkliche Veränderung und Gebetserhörungen in ihren Familien. Vielleicht sind diese beiden Frauen nur der kleine Anfang! Betet, dass in ihren Häusern ein Hauskreis entsteht. Betet um Errettung für ihre ganze Familie!

Mir zeigt diese ganze Geschichte Gottes wunderbares Handeln in den einzelnen Schritten, die ich gemeinsam mit diesen beiden Freundinnen gehen durfte. Er benutzte meine Entmutigung für die erste Begegnung. Er ließ Freundschaft und Vertrauen wachsen. Er machte ihnen Dinge klar (z.B. haben sie aufgehört, den Kaffeesatz zu lesen, eine abergläubische Praktik, die sie aber fast immer bei meinem Besuch taten). Er erhörte mein Gebet und schenkte Veränderung in Almas Herzen. Er hatte sie schon vor vielen Jahren vorbereitet und wusste genau, dass sie nun mir begegnen würde, einem Menschen, der ihr die Bedeutung des Kreuzes erklären kann. Gott hat es geschenkt, dass nun beide Schwägerinnen, die fast immer zusammen sind, nun gemeinsam erkennen durften, wer Jesus ist und diesen Weg gehen wollen. Ich bin begeistert! Preist den Herrn!

Das zerbrechliche Plastikauto und die unzerbrechliche Hoffnung in Jesus

Heute habe ich es endlich mal wieder geschafft, meine Freundin Alma zu besuchen. Ihr Herz scheint offen und bereit für Jesus zu sein und es tut mir leid, dass ich nicht so oft zu ihr komme. Ihre Lebensumstände sind sehr schwierig.
Warum ihre beiden Söhne vom Alter her 10 Jahre Unterschied haben? Nun, dieser Unterschied wird wohl immer an die 10 jährige Zeit erinnern, in der ihr Mann im Gefängnis saß.
Nun ist er wieder frei. Davon bekommt seine Familie allerdings wenig zu spüren. Er ist viel weg und hat kaum Arbeit. Ich weiß auch, dass er dem Alkohol und dem Spiel verfallen ist. Ein Fluch für viele arme Familien hier.

Nun sitze ich in ihrem Wohnzimmer, spärlich möbliert, eine große Couch, ein kleiner Schrank und ein Ofen zum kochen ist alles. Auf dem Sofa sehe ich ein neues ferngesteuertes Auto.

Heute ist ihre Mutter zu Besuch aus einem Dorf etwas weiter weg. Sie macht sich Sorgen um ihre Tochter, die nun auch wieder ganz am Anfang schwanger ist. Wir sprechen länger über das Gebet und die eine Hoffnung, die wir haben in Jesus. Und dass ich weiß, dass Jesus auch diese scheinbar ausweglose Situation verändern kann.
(Wenn ich selbst nicht diese Hoffnung hätte, würde ich dieses Elend hier kaum aushalten können.)
Der fünfjährige Junge kommt vom Kindergarten. Sein erster Gang ist zu dem neuen Auto auf dem Sofa. Erst nach einer kleinen Rüge begrüßt er seine Oma und mich.

Mit blickenden Lichtern lässt er das Auto durch das Wohnzimmer fahren. Sehr stabil sieht es nicht aus, wie fast alle Spielzeuge hier in Albanien.

Ich frage Alma nach ihrem Mann. Ich wusste, dass er in unserer Nachbarschaft auf dem Bau gearbeitet hatte für längere Zeit. Mit Tränen in den Augen sah sie mich an. An dem Tag, als er das Geld für seine Arbeit bekam, schrieb sie ihm eine Liste der Dinge, die sie dringend brauchten. Er ging damit in die Nachbarstadt. Zurück kam er mit leeren Händen. Er hatte sich lediglich eine Jacke für sich gekauft und dieses blickende, umherfahrende Auto für den jüngsten Sohn. Alles andere hatte er beim Spiel verloren.

Alma erzählt mir, wie sie fast zusammengebrochen ist. Doch was sollte sie tun. All die Hoffnung war dahin.

Meine Augen füllen sich auch mit Tränen. Sei nicht traurig, meint sie. Ich komme schon darüber hinweg.
Ich sehe auf das kleine Plastikauto, wie es herum fährt. Wie lange noch, frage ich mich.

Es ist schwer. Was sage ich dieser Frau? 10 lange Jahre lang hat sie auf ihren Mann gewartet, nur um wieder und wieder enttäuscht zu werden. Ich kann nicht anders, ich muss ihr von Jesus erzählen und von der sicheren Hoffnung, die wir in ihm haben. Und über die Kraft der Veränderung, die Jesus bewirken kann. Die ich selber gerade in meinem persönlichen Leben erfahren darf. Die Mutter hört gespannt zu. Wahrscheinlich hört sie zum ersten Mal das Evangelium. Es sind heilige Momente, in tiefem Leid, in großer Hoffnung. Ich glaube fest, dass Jesus ihren Mann verändern kann!

Immer wieder geht mein Blick auf dieses Auto. Ich freue mich für den Jungen und gleichzeitig macht es mich so traurig. Es fährt noch. Es blinkt noch. Ein Defekt hat es schon. In einer Woche wird es kaputt sein. Wahrscheinlich.

Wie gut, dass das Geschenk der Hoffnung in Jesus niemals kaputt gehen kann. Ich bete, dass Alma dieses Geschenk annimmt.

Über allem steht: Gnade

Am Ende eines nebligen und trüben Tag bricht mit Macht noch einmal die Sonne durch die Wolkendecke, bevor sie hinter den albanischen Alpen verschwindet. Der Berg hinter unserem Haus erstraht in einem zauberhaften Licht, die kleinen Büsche beginnen sich in verschiedene Farben zu kleiden.

Ich blicke aus unserem Küchenfenster, dieser Blick, der mich nun schon seit zwei Jahren begleitet. Ich sehe mein Nachbarhaus, die enge Straße, die durch Mauern führt, die Berge, die frisch gepflügten kleinen Felder. Weit verstreute Häuser, die mich aus der Ferne rufen.

Zwei Jahre in Albanien. Zwei Jahre in Krume.

Vieles ist einem schon so vertraut und anderes noch so fremd. Und vieles muss man sich immer wieder neu vertraut machen.

In diesen zwei besonderen, herausfordernden und bewegten Jahren steht ein Wort über allem: GNADE.

Ich bin immer noch dabei zu begreifen, was sie wirklich bedeutet, aber sie hat mich immer wieder gefunden! Und wäre sie nicht da, ich wäre untergegangen.

Mir ist noch nie so bewusst geworden wie in diesen zwei Jahren, wie abhängig ich bin von dieser Gnade. Es gab Momente, da hab ich mich im Badezimmer eingeschlossen und habe geweint. Ich wusste nicht weiter. Ich war verzweifelt. Da sind die Momente des Heimwehs und die Stimmen, die dich innerlich zurückrufen in deine "Heimat", die den Zweifel schüren, ob dieser Weg, dieser Ort wirklich der beste ist für dich und deine Kinder. Da ist dein Kind, das zutiefst kämpft in der Eingewöhnung in ein neues Leben, eine neue Sprache, neue Menschen. Ich stehe daneben, oft machtlos. Ich kämpfe. Und doch merke ich immer wieder, dass mein Sieg nicht im Kämpfen lag und liegt, sondern in der Ergebung.

Bei unserem Abschied in unserer Organisation gab mir eine Mitarbeiterin eine Karte mit auf den Weg: offene, nach oben gestreckte Hände. Ich strecke meine leeren Hände Jesus hin, immer wieder und er füllt sie mir. Von ihm empfange ich, was ich hier für ein freudiges Leben brauche. Nicht im Kämpfen, sondern im Ergeben liegt der Sieg!

Ich erinnere mich an einen Tag in den ersten Monaten hier. Es ging mir nicht gut, ich war entmutigt von der schweren Sprache und dem Schimmel in der Wohnung. Ich ging einfach raus mit den Kids, wollte eigentlich gar keinem begegnen (was hier unmöglich ist). Ich ging einen Weg, den ich noch nicht gegangen war und kam in eine Sackgasse. Etwas weiter unten hörte ich eine Frauenstimme an einem Zaun sagen: "Das ist doch die Deutsche." und ich sagte: "Ja, die bin ich." Sie luden mich zu einem Kaffee ein, zwei lebenslustige Mütter. Aus dieser ersten Begegnung heraus ist mein tiefster Kontakt zu einer Frau entstanden, die das größte Interesse an Jesus hat.

Ich staunen über Jesu Gnade, wie er in meinem Leben wirkt und in den Menschen, denen ich hier dienen darf. Es ist ein Vorrecht, in dieser Weise Seine Gnade in aller meiner Schwachheit erleben zu dürfen.

Nach zwei Jahren Krume kann ich sagen: es waren die bisher herausfordernsten Jahre meines Lebens, aber auch die, in denen ich am meisten lernen durfte in meiner Beziehung zu Gott. Ich darf schwach sein, und er gebraucht mich dennoch. Er richtet mich wieder auf und zeigt neue Wege und Perspektiven.

Es ist ein Vorrecht, hier leben zu dürfen, bei allen Einschränkungen und allen Schwierigkeiten. Es ist einfach ein Vorrecht, Jesu Licht hier verbreiten zu dürfen. Gerade jetzt, wo die dunkle Jahreszeit beginnt, wird es mir bewusster denn je, warum wir hier sind. Es geht nicht um mich. Es geht um Jesus und darum, dass er hier verherrlicht wird. Und ich will von Herzen dankbar sein für jeden neuen Tag hier! Gott ist da!

 

Was ich auf meiner ersten albanischen Hochzeit erlebte

Vor einigen Wochen hat meine liebe Freundin geheiratet. Ich war die einzige, die außerhalb ihrer Familie eingeladen war. Nun wartete die erste richtige albanische Hochzeit auf mich, an der ich komplett teilnehmen würde.

Die Idee

An dem Tag als es am Abend starten sollte, bestellte mich meine Nachbarin und gute Freundin zu sich und fragte mich, ob ich nicht die traditionelle Tracht am Abend tragen wollte. Erst zögerte ich etwas, doch als ich hörte, dass ich nicht den ganzen Abend damit rumlaufen musste, sondern erst zu einem bestimmten Zeitpunkt ich mich umziehen müsste, war ich bereit, die doch sehr schwere und sehr aufwendig gemachte Tracht zu tragen. Davor probierte ich sie an. Hier könnt ihr sehen, wie ich aussah.

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Gar nicht so schlecht, oder?

Die Hochzeit beginnt

Dann ging es am Abend los. Üblicherweise wird auf albanischen Hochzeiten zu ohrenbetäubender Musik im Kreis getanzt. Ich wusste schon, dass ich diesmal nicht drum herum kommen würde zu tanzen. Doch da ich mich ja unter “Freunden” befand, fiel es mir doch leichter, mich einzureihen. Als ich dann den ein und anderen Tanz konnte, da merkte ich, welches Gemeinschaftsgefühl einem diese Art des Tanzens gibt. Ich fühlte mich wie eine von ihnen.

Ich tanzte viel, richtig viel. Und das schöne war, ich konnte mich ganz darauf einlassen. Egal, was andere denken. Egal, was ich selbst denke.

Gegen halb zehn wurde gegessen. Ich saß zwischen all den zahnlosen alten Tanten und Omas. So besorgt schoben sie mir immer mehr Essen zu und immer wieder begegneten meine Augen in der Dämmerung den von Falten klein gewordenen Augen dieser besonderen Menschen.

Jetzt wird es ernst

Nach und nach kamen alle Frauen, alt und jung, aus dem ganzen Viertel. Irgendwann saßen dann sicher über 100 Frauen und vereinzelt auch Männer im Kreis um die Tanzwiese.
Dann bekam ich mit, wie um ca. 23 Uhr einige Frauen ins Haus gingen, um sich umzuziehen.
Jetzt oder nie, dachte ich. Und obwohl ich sehr müde war und mein Bauch von all dem Essen auch etwas gebläht war, zog ich schnell mit meiner Nachbarin los, um mich umzukleiden. Ihre kleinen Kinder auf dem Bett im Schlafzimmer schlafend und ich am Tracht anziehen. Schon komisch.

Etwas zögerlich ging ich dann wieder zur Hochzeitsgesellschaft zurück. Sicher hatten sie noch nie einen Ausländer in ihrer Tracht, die doch sehr besonders ist, gesehen. So jedenfalls deutete ich ihre Blicke. Die ein oder andere ältere Frau zupfte noch an mir rum, den Rock tiefer, den Gürtel schräger… Ich ließ es gerne und lächelnd über mich ergehen.

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Der kurze Schock

Insgesamt waren wir dann mit der Braut ungefähr fünf Frauen in Tracht. Dann hieß es plötzlich, dass wir nun vortanzen. Ich dachte, ich höre nicht recht. Die Tänze konnte ich noch nicht ganz exakt. Doch Gott sei dank, es kam genau der, den ich schon ziemlich sicher beherrschte.
So tänzelte ich in der schweren, albanischen, typisch hasianischen Tracht an all den Frauen meines Viertels vorbei. Und es ging mir sehr gut dabei, wer hätte das gedacht.

Ups…

Der peinlichste Moment kam dann aber doch noch: es war “Freestyle” Tanz angesagt. Ich hatte eigentlich zuvor schon mitbekommen, dass man diesen doch zu zweit tanzt. Man hält sich nicht fest, dennoch tänzelt man immer umeinander herum. Mir wurde dann die Braut zugeteilt. Irgendwie war mir das nicht bewusst. So tanzte ich über die Fläche, schäkerte noch mit kleinen Mädels in Tracht, bis dann die Braut angetanzt kam (da sie eine Hüftdysplasie hat, war sie auch etwas langsamer unterwegs). Sie flüsterte mir nur zu: du musst mit mir tanzen. Oh, das tat mir leid und ich konnte nur verlegen zu den grinsenden Mädels am Rand lächeln.

Aber genau das bedeutet es, in einer anderen Kultur zu leben: Fehler machen. Doch wir müssen bereit sein, immer wieder einzutauchen und es in Kauf zu nehmen. Und vor allem braucht man die Gabe, über sich selbst zu lachen. Das tat ich…

Insgesamt war dieser Abend eine sehr gute Erfahrung für mich und ein tiefes Eintauchen in die albanische Kultur und in das Leben der Menschen hier.

Vom Schmerz der Zurückgebliebenen

Seit letzte Woche die gesamte Familie von Rrushes Bruder ziemlich plötzlich nach Deutschland "ausgewandert" ist, begreife ich, was es für viele Menschen hier bedeutet, wenn Angehörige oder Freunde von heute auf morgen weg sind.

Ich wollte eigentlich nur kurz zu Rrushe und sie etwas fragen, doch ich kam in eine Szene, die mich zwang, trotz Termindruck zu bleiben. Da sitzt sie wie ein Häufchen Elend und weint. Neben ihr ein kleiner Junge, der ebenso herzzerreißend weint, weil Rrushe weint.

Langsam erfahre ich, dass die Frau ihres Bruders mit ihren drei Kindern nach Deutschland gegangen sind. Anscheinend war es sehr plötzlich und Rrushe konnte sich kaum richtig verabschieden. Ich weiß, dass sie sehr mit ihrer Familie verbunden ist und es scheint ihr wirklich das Herz zu brechen.

Noch mehrere Tage ist sie traurig und hat fast immer Tränen in den Augen.  Es tut mir weh sie so zu sehen. Ich weine mit ihr.

Diese armen alten Leute, die schon so viel mitgemacht haben in ihrem Leben und die nun durch diese neue Welle der Auswanderung von geliebten Familienangehörigen ins Ungewisse echt leiden. Ich kann vielleicht nur ein wenig nachempfinden, was in ihnen vorgeht. Haben sie Angst, oder einfach Trauer über den Verlust. Vielleicht auch beides und noch vieles mehr.

Aber denkt dran: hinter jedem jungen Albaner, den ihr in Deutschland trefft oder seht, steht eine Familie hier in Albanien, die trauert, die weint, die entbehrt und die liebt.

Begegnet diesen Menschen mit Achtung und Liebe. Sie verlassen viel, sie erhoffen sich viel und wissen oft gar nicht, was sie gegen das, was sie hier hatten eintauschen: eine Familie, die sie liebt!

Was tun wir unseren Kindern an...

Erst vor ein paar Tagen äußerte Gideon zum ersten Mal, dass er gerne in Deutschland sein will. Dabei dachte er an seine Cousinen und Cousins, an seine Opa und Oma. Mir stach es etwas ins Herz und ich bemühte mich, ihm zu erklären, warum wir hier sind, und was er doch auch alles in Albanien lieb hat.

Dennoch, mir geht dieser Gedanke immer wieder nach:

Halte ich meinen Kindern etwas vor, indem wir hier sind?

Könnten sie in Deutschland nicht viel besser aufwachsen, viel mehr Dinge erleben, mit ihren Verwandten viel Zeit verbringen usw. Es sind oft unruhige Gedanken die mein Herz ins Ungleichgewicht bringen wollen. Vielleicht könnte man sie auch als Anfechtungen bezeichnen. Im Moment tut Gott gerade großartige Dinge hier und ich bin ermutigt und weiß, dass es mein Platz ist. Ist es aber auch gleichzeitig der meiner Kinder?

Ja, ich denke ja! Gott hat uns als ganze Familie hier her gerufen und so bin ich der festen Überzeugung, dass es auch für meine Kinder das Beste ist. Doch diese Überzeugung muss sich in meinem Kopf immer wieder bahnbrechen.

Ein Artikel von Ann Voskamp sprach mich da heute besonders an. Ich möchte ein paar Sätze zitieren. Entschuldigt, aber ich belasse sie der Schönheit halber in Englisch:

Happiness can only be achieved by looking inward and learning to enjoy whatever life has and this requires transforming greed into gratitude." (John Chrysostom)

[Freude erlangen wir nur indem wir nach Innen schauen und lernen zu genießen, was das Leben bereithält. Dazu müssen wir die Gier in Dankbarkeit verwandeln.]

Ich habe ganz klar gemerkt, dass diese unruhigen Gedanken mir die Freude rauben wollen. An einem anderen Ort sein zu wollen als man ist, raubt einem immer die Freude. Daher war es für mich so heilsam, diese Worte zu lesen:

You can have joy any moment you turn hidden greed for more into honest gratitude for now. No matter the prison, you can be freed by gratitude."

[Du kannst Freude in jedem Moment haben, in dem du die versteckte Gier nach Mehr verwandelst in Dankbarkeit für das hier und jetzt. Das Gefängnis ist nicht mehr, du kannst befreit werden durch Dankbarkeit.]

Ja, da ist in mir manchmal eine versteckte "Gier" nach mehr, nach etwas anderem, wenn auch nur meinen Kindern zuliebe. Doch Freude wird dann möglich, wenn ich die Gier nach mehr oder nach etwas anderem in Dankbarkeit verwandeln lasse für das hier und jetzt.

Joy isn't about how much our lives have - but how much we enjoy our lives.
Joy is never made by having more. Joy is always made by enjoying more.
More Christ, more now, more grace."

[Freude handelt nicht von dem, was wir in unserem Leben alles haben - sondern wie sehr wir unser Leben genießen. Freude wird niemals erschaffen, indem wir mehr haben. Freude wir immer dann erschaffen, wenn wir mehr genießen. Mehr Christus, mehr Jetzt, mehr Gnade.]

Freude habe ich nicht dann, wenn ich viel habe, oder andere Dinge habe als ich gerade habe, sondern nur dann, wenn ich mehr genieße, wenn ich mehr dankbar bin, wenn ich zufrieden bin, da, wo Gott mich hingestellt hat.

Meine Kinder werden nicht glücklicher sein, wenn sie in Deutschland mehr haben, mehr sehen, mehr erleben. Sie sind glücklich, wenn wir gemeinsam die Dinge unseres Lebens hier wertschätzen und genießen.

Das heißt nicht, dass nicht Heimweh aufkommen darf. Aber diesen unruhigen Gedanken möchte ich entschieden entgegentreten - mit Dankbarkeit!