Das zerbrechliche Plastikauto und die unzerbrechliche Hoffnung in Jesus

Heute habe ich es endlich mal wieder geschafft, meine Freundin Alma zu besuchen. Ihr Herz scheint offen und bereit für Jesus zu sein und es tut mir leid, dass ich nicht so oft zu ihr komme. Ihre Lebensumstände sind sehr schwierig.
Warum ihre beiden Söhne vom Alter her 10 Jahre Unterschied haben? Nun, dieser Unterschied wird wohl immer an die 10 jährige Zeit erinnern, in der ihr Mann im Gefängnis saß.
Nun ist er wieder frei. Davon bekommt seine Familie allerdings wenig zu spüren. Er ist viel weg und hat kaum Arbeit. Ich weiß auch, dass er dem Alkohol und dem Spiel verfallen ist. Ein Fluch für viele arme Familien hier.

Nun sitze ich in ihrem Wohnzimmer, spärlich möbliert, eine große Couch, ein kleiner Schrank und ein Ofen zum kochen ist alles. Auf dem Sofa sehe ich ein neues ferngesteuertes Auto.

Heute ist ihre Mutter zu Besuch aus einem Dorf etwas weiter weg. Sie macht sich Sorgen um ihre Tochter, die nun auch wieder ganz am Anfang schwanger ist. Wir sprechen länger über das Gebet und die eine Hoffnung, die wir haben in Jesus. Und dass ich weiß, dass Jesus auch diese scheinbar ausweglose Situation verändern kann.
(Wenn ich selbst nicht diese Hoffnung hätte, würde ich dieses Elend hier kaum aushalten können.)
Der fünfjährige Junge kommt vom Kindergarten. Sein erster Gang ist zu dem neuen Auto auf dem Sofa. Erst nach einer kleinen Rüge begrüßt er seine Oma und mich.

Mit blickenden Lichtern lässt er das Auto durch das Wohnzimmer fahren. Sehr stabil sieht es nicht aus, wie fast alle Spielzeuge hier in Albanien.

Ich frage Alma nach ihrem Mann. Ich wusste, dass er in unserer Nachbarschaft auf dem Bau gearbeitet hatte für längere Zeit. Mit Tränen in den Augen sah sie mich an. An dem Tag, als er das Geld für seine Arbeit bekam, schrieb sie ihm eine Liste der Dinge, die sie dringend brauchten. Er ging damit in die Nachbarstadt. Zurück kam er mit leeren Händen. Er hatte sich lediglich eine Jacke für sich gekauft und dieses blickende, umherfahrende Auto für den jüngsten Sohn. Alles andere hatte er beim Spiel verloren.

Alma erzählt mir, wie sie fast zusammengebrochen ist. Doch was sollte sie tun. All die Hoffnung war dahin.

Meine Augen füllen sich auch mit Tränen. Sei nicht traurig, meint sie. Ich komme schon darüber hinweg.
Ich sehe auf das kleine Plastikauto, wie es herum fährt. Wie lange noch, frage ich mich.

Es ist schwer. Was sage ich dieser Frau? 10 lange Jahre lang hat sie auf ihren Mann gewartet, nur um wieder und wieder enttäuscht zu werden. Ich kann nicht anders, ich muss ihr von Jesus erzählen und von der sicheren Hoffnung, die wir in ihm haben. Und über die Kraft der Veränderung, die Jesus bewirken kann. Die ich selber gerade in meinem persönlichen Leben erfahren darf. Die Mutter hört gespannt zu. Wahrscheinlich hört sie zum ersten Mal das Evangelium. Es sind heilige Momente, in tiefem Leid, in großer Hoffnung. Ich glaube fest, dass Jesus ihren Mann verändern kann!

Immer wieder geht mein Blick auf dieses Auto. Ich freue mich für den Jungen und gleichzeitig macht es mich so traurig. Es fährt noch. Es blinkt noch. Ein Defekt hat es schon. In einer Woche wird es kaputt sein. Wahrscheinlich.

Wie gut, dass das Geschenk der Hoffnung in Jesus niemals kaputt gehen kann. Ich bete, dass Alma dieses Geschenk annimmt.

Mein Start ins Bibellesen mit Ismael

Eines unserer Jahresziele als Team war es, dass jeder von uns mit einem Menschen aus Krume anfängt in der Bibel zu lesen. Die Umsetzung des Ziels sollte bis August geschehen.

Leider haben wir dieses Ziel knapp verpasst. Bis zum Mittwoch letzte Woche hatte ich noch gar keinen Mann, der interessiert ist. Doch dann hatte ich ein gutes Gespräch mit einem 57-jährigen Mann. Sein Name ist Ismael.

Er ist ein stadtbekannter Mann. Seine Familie ist die ärmste Familie der Stadt. Ismael hat insgesamt 10 Kinder. Seine erste Frau starb bei der Geburt des fünften Kindes. Dann nahm er sich eine neue Frau. Diese wurde jedoch von den Kindern nicht akzeptiert. Als der älteste Sohn alt genug war, zog er aus und nahm alle seine Geschwister zu sich.

Nun lebt Ismael mit fünf Kindern und seiner neuen Frau in einer Zwei-Zimmer Wohnung. IMGP9777Rahel war schon öfter bei der Familie um ihnen zu helfen und Hilfsgüter vorbei zu bringen. Ich hatte erst am Mittwoch die Möglichkeit diesen ehemals ehrenvollen Mann kennenzulernen.

Wir kamen in unserem ersten Gespräch auch auf den Glauben zu sprechen und ich konnte ihm das Evangelium weitergegeben.

Ismael meinte nur, dass er einfach zu ungebildet sei und zu wenig weiß. Dies war für mich natürlich eine Steilvorlage. Ich fragte, ob er mehr lernen wolle und bereit ist mit mir die Bibel zu lesen. Seine Antwort war ein deutliches: Ja, auf jeden Fall.

Heute war ich zum ersten Mal bei dieser armen Familie. Ismael wartete schon auf mich. Den Termin hatte er nicht vergessen. Vielmehr hatte er schon nach mir gesucht, weil er sich unbedingt mit mir treffen wollte.

Irgendwann fingen wir dann auch an in der Bibel zu lesen. Dies gestaltete sich jedoch ein wenig schwierig. Das Lesen war für Ismael sehr mühsam. Die Buchstaben war zu klein und seine Augen zu schwach. Ich habe den albanischen Bibeltext dann laut und deutlich vorgelesen. Auch Rrushe, seine Frau hat sehr aufmerksam zugehört.

Sich mit einem geschriebenen Text auseinanderzusetzen, war für die beiden recht schwierig und intellektuell eine Herausforderung. Das habe ich schnell gemerkt. So habe ich noch einmal die Chance genutzt, um den Fokus auf das Evangelium zu legen.

Dies war ein bescheidener kleiner Anfang.

Ich bete nun, dass Gott meine schwachen Versuche gebraucht um diese Menschen zu berühren und ihnen zu zeigen, dass sie Jesus brauchen.

Nächste Woche werde ich wieder hingehen.

Vom Schmerz der Zurückgebliebenen

Seit letzte Woche die gesamte Familie von Rrushes Bruder ziemlich plötzlich nach Deutschland "ausgewandert" ist, begreife ich, was es für viele Menschen hier bedeutet, wenn Angehörige oder Freunde von heute auf morgen weg sind.

Ich wollte eigentlich nur kurz zu Rrushe und sie etwas fragen, doch ich kam in eine Szene, die mich zwang, trotz Termindruck zu bleiben. Da sitzt sie wie ein Häufchen Elend und weint. Neben ihr ein kleiner Junge, der ebenso herzzerreißend weint, weil Rrushe weint.

Langsam erfahre ich, dass die Frau ihres Bruders mit ihren drei Kindern nach Deutschland gegangen sind. Anscheinend war es sehr plötzlich und Rrushe konnte sich kaum richtig verabschieden. Ich weiß, dass sie sehr mit ihrer Familie verbunden ist und es scheint ihr wirklich das Herz zu brechen.

Noch mehrere Tage ist sie traurig und hat fast immer Tränen in den Augen.  Es tut mir weh sie so zu sehen. Ich weine mit ihr.

Diese armen alten Leute, die schon so viel mitgemacht haben in ihrem Leben und die nun durch diese neue Welle der Auswanderung von geliebten Familienangehörigen ins Ungewisse echt leiden. Ich kann vielleicht nur ein wenig nachempfinden, was in ihnen vorgeht. Haben sie Angst, oder einfach Trauer über den Verlust. Vielleicht auch beides und noch vieles mehr.

Aber denkt dran: hinter jedem jungen Albaner, den ihr in Deutschland trefft oder seht, steht eine Familie hier in Albanien, die trauert, die weint, die entbehrt und die liebt.

Begegnet diesen Menschen mit Achtung und Liebe. Sie verlassen viel, sie erhoffen sich viel und wissen oft gar nicht, was sie gegen das, was sie hier hatten eintauschen: eine Familie, die sie liebt!

7 Wege um deine muslimischen Freunde für Jesus zu gewinnen

Vor einigen Tagen habe ich einen sehr interessanten Podcast entdeckt. Es ist der Podcast Truth About Muslims. Besonders die Folge 12 hat mir gefallen, denn dort fand ich wertvolle Tipps für den Umgang mit meinen muslimischen Freunden. Die Macher des Podcasts haben diese Tipps von Henry Martyn, der im 18.Jhdt als Missionar in Indien und Persien arbeitete.

Hier sind die Tipps, die dir helfen eine Brücke zu den Herzen deiner muslimischen Freunde zu schlagen.

  1. Erzähl dein Zeugnis. - Das was wir mit Gott erlebt haben, übertrumpft alle apologetischen Argumente. Vor allem müssen wir unsere Freunde wissen lassen, dass wir zu 100% Vergebung unserer Sünde und Frieden mit Gott haben.
    Genau das ist es was den Muslimen fehlt. Vielleicht fragst du dich manchmal, wie du ankommen sollst, gegen die scheinbar unüberwindbaren Gedankenmauern deiner Freunde. Dein Zeugnis hat Kraft diese Mauern zu überwinden.
  2. Hebe das Gute im Leben deiner Freunde hervor. - Lass deine Freunde wissen, dass du Gott am Werk siehst, wenn du positive Charaktereigenschaften in deinen Freunden bemerkst. Mach Gott ebenso verantwortlich für die positiven Aspekte der muslimischen Kultur. Wenn du zum Beispiel Gastfreundschaft erlebst, dann erkläre deinem Freund, wie sehr Gastfreundschaft dem Herzen Gottes entspringt und wie dankbar du dafür bist.
  3. Mache Jesus zum Zentrum deiner Botschaft. - Wir können viel über Gott reden, aber entscheidend ist am Ende, dass wir Jesus, als die herausragende Person hervorheben. Wie oft habe ich es schon erlebt, dass Muslime sagen, dass Christentum und Islam doch gleich seien. Diesem Irrglauben müssen wir entschieden entgegentreten, indem wir Jesus zum Zentrum unserer Botschaft machen. Er ist der entscheidende Unterschied.
  4. Lade deine Freunde ein mit dir die Bibel zu lesen. - Am Ende müssen sich Muslime selbst mit der Bibel befassen, um sich ein Urteil zu bilden. Vielleicht kannst du anfangen mit auswendig gelernten Geschichten von Jesus, die du deinen Freunden zu passenden Gelegenheiten erzählst. Am besten ist aber, wenn du deinen Freund dahin bringen kannst gemeinsam mit dir in der Bibel zu lesen.
  5. Bete für deine muslimischen Freunde. - Neben all dem oben gesagten, darf das Gebet natürlich nicht fehlen. Da ist zum einen das Gebet für dich allein zu Hause. Aber unterschätze auch nicht den Wert des Gebetes, direkt vor deinen Freunden. Wenn deine Freunde Probleme haben, dann frage sie, ob du in ihrer Gegenwart für sie beten darfst. Erst letzte Woche bezeugte eine Freundin von Rahel, wie das Gebet von Rahel das Leben der Freundin positiv beeinflusst hat.
  6. Verschaffe dir Anerkennung durch gute Werke. - Muslime müssen sehen, dass du ein Herz der Barmherzigkeit hast. Natürlich tust du diese Werke nicht, um vor Gott gerecht zu stehen, sondern bei dir sind sie Ausdruck der Dankbarkeit. Muslime merken auf, wenn sie sehen, was für ein Herz der Liebe du für die Menschen hast. Deine ausgelebte Liebe zu den Menschen in deinem Umfeld macht deine Botschaft von Jesus erst so richtig glaubhaft.
  7. Vertraue dem Heiligen Geist. - Wir können viel tun, aber ohne das Wirken des Heiligen Geistes sind wir verloren. Die allerwichtigste Aufgabe hat der Heilige Geist. Er muss die Herzen unserer muslimischen Freunde auftun. Er muss ihr Interesse wecken und sie am Ende zur Erkenntnis führen. Diese Tatsache sollte uns ganz viel Mut machen und uns ruhig schlafen lassen in unserem Bemühen um die Seelen unserer Freunde.

In diesem Sinne wünsche ich dir Gottes Segen beim Umsetzen dieser Tipps.

Was wir den Kindern bieten

Seit letzten Herbst haben wir damit begonnen regelmäßige Treffen für Kinder anzubieten. Diese Treffen finden Dienstag, Mittwoch und Donnerstag statt. Das Treffen am Dienstag ist für Mädels im Teenyalter, von denen sich manche auch bewusst für Jesus entschieden haben. Das Treffen am Mittwoch findet im Fitness statt. Dort kommen nur Mädchen im Alter von 6-12. Bärbel und Gilberta leiten dieses Treffen.

Am Donnerstag findet ein Treffen in unserer Küche statt. Dieses Treffen gestaltet Rahel zusammen mit Bärbel und Gilberta. Zu diesem Treffen kommen auch Jungs. Sie sind mit Begeisterung dabei.

Ziel dieser Treffen ist es, den Kindern Liebe und Annahme entgegen zu bringen. Desweiteren wollen wir mit Ihnen singen, spielen, kreativ sein und vor allem von Gott erzählen.

Da es in unser Stadt sonst kein Angebot für die Kinder gibt, ist dieses Kindertreffen für alle ein richtiges Highlight. Teilweise kommen sie schon eine halbe Stunde früher, weil sie es nicht abwarten können.

Natürlich spricht sich langsam in der Stadt herum, dass wir diese Treffen anbieten. Immerhin kommen ja bis zu 50 verschiedene Kinder in die Treffen. Diese erzählen zu Hause von dem was sie gehört und erlebt haben. Ausserdem sind die Kinder auch nicht zu überhören in der Nachbarschaft, wenn sie aus Leibskräften die immergleichen Kinderlieder schmettern.

Damit du einen kleinen Einblick bekommst in solch ein Treffen, haben wir mal ein Video erstellt vom letzten Treffen vor Ostern.

Vom Mut, andere in dein unperfektes Leben zu lassen

Ich bin davon überzeugt, das es wenig gibt, was mehr Zeugniskraft hat, als der Blick in dein Wohnzimmer, in deine Küche, in dein Leben. Dein ganz normales, manchmal chaotisches Leben. Doch dort lebst du eben und dort lebst du mit Jesus. So sollte es jedenfalls sein.

Wie geht es dir damit?

Wir offen bist du in diesem Bereich? Lässt du andere in dein Leben blicken? Oder verschließt du lieber die Tür vor anderen. Vielleicht vor ungebeten Gästen? Öffnest du dein Haus vielleicht einen Spalt breit und lässt die Gäste nur dann rein, wenn alles sauber und geputzt ist, wenn die Kinder ordentlich gekleidet sind und nicht mit einem Milchbart herumlaufen? Dann, wenn du innerlich voll und ganz auf: “Jetzt bin ich bereit für Besuch!” geschaltet bist?
Ich weiß nicht, wie es dir damit geht.

In meinem Fall

Ich bin schon so ein Mensch, der sehr gerne Besuch empfängt. Aber gerade hier in der fremden Kultur möchte ich doch alles richtig machen. Ich möchte es sauber und ordentlich haben, weil es bei allen anderen auch so ist. (Vielleicht liegt es auch daran, dass die Menschen hier einfach sehr viel weniger Dinge haben…).

Jemand sagte mir mal, dass sogar die Schränke innen ordentlich sein sollen, da es Leute gibt, die doch tatsächlich mit einem Blick in deinen Schrank bewerten, ob du eine gute Hausfrau bist. Und das wollen alle hier in Albanien sein.

Meine Besuchsgeschichte

Ich muss schmunzeln, wenn ich an meine Geschichte mit Besuchen hier denke.
Ich war oft bereit. Aber dann kam nie jemand.
Und ich war oft völlig unvorbereitet, und dann kamen sie.

Typisches Beispiel zu Neujahr. Ich bereite mich auf Besuch vor und ich warte. Keiner kommt. Dann ist Mittagsruhe um 13 Uhr. Ich lege mich mit den Kindern hin, die Küche ist noch nicht ganz fertig aufgeräumt. Dann sehe ich eine Horde von Nachbarsleuten durch unser Tor laufen. Und klar, die wollen zu uns. Ich schrecke hoch und tue, was ich in den drei Minuten noch tun kann.
Aber so kommen sie in mein unperfektes Leben hinein und es ist doch gut so!

Ich bin doch nicht perfekt und das will ich Ihnen doch auch vermitteln. Ich will Ich sein und all meine Aufmerksamkeit und Liebe meinem Besuch schenken.

Oder dann, als wir von einem langen Tag mit vielen Besuchen nach Hause kommen, es ist schon sieben Uhr, die Kinder haben das Wohnzimmer in ihrem abendlichen Drang, nochmal alle ihre Energie zu präsentieren in ein völliges Chaos verwandelt. Da klopft es an der Tür. Albaner lassen sich in der Regel nicht lange bitten und kaum versieht man sich, stehen sie schon im Wohnzimmer. Da steh ich wieder und denke: jetzt kann ich nur noch mit meiner Freundlichkeit trumpfen. Und glaubt mir, das ist gut so.

Mit Freude mitten im Chaos

Oder gerade gestern. Ich hatte ein doch eher anstrengendes Kindertreffen mit 25 Leuten in unserer kleinen Küche, inklusive meiner Kinder. Mir dröhnte noch etwas der Kopf, als ich alle mit jeweils mindestens zwei, wenn nicht sogar vier Küsschen verabschiedet hatte. Meine Küche war noch wie ein Schlachtfeld, meine Kinder hatten sich die letzten Stückchen Kuchen geschnappt und sie genüsslich gegessen nicht ohne die übliche Spur an Krümeln zu hinterlassen.

Naja, staubsauge ich halt zum dritten Mal heute (manchmal wünschte ich mir unsere Hühner eine Etage höher…). In der Spüle türmten sich noch die Geschirrberge von unserem Fest, das wir zum Abschied unserer “das verlorene Schaf” Lektion gefeiert hatte.
Danny war noch weg und die Kinder aufgedreht.

Doch dann kommt meine liebe Nachbarin freudestrahlend in den Flur gelaufen. Erstmal durchzuckt es mich: oh, das passt mir jetzt aber gar nicht. Doch dann hat mein Sinn für Gastfreundschaft wieder die Oberhand. Und ich freue mich. Inmitten meiner krümeligen, unordentlichen und überdrehten Kinder Welt.

Nahe beieinander

Wir sitzen im Wohnzimmer, nahe beieinander und sie erzählt mir von ihrer neuen Arbeit und ihren Ängsten, bald in eine ihr völlig fremden Familie einzuheiraten und von hier weg zumüssen. Sie sagt mir, wie sie mich zum ersten Mal gesehen hat, mit Livia noch im Tragetuch als kleines Baby und sie nimmt meine Hände und sagt mir, wie froh sie über eine Freundin wie mich ist.

Ich erzähle ihr noch von meinem Gott, der für mich in jeder Fremde wie ein sicheres Zuhause ist. Das bewegt sie. Und ich verspreche ihr, für sie zu beten.
Dabei werden meine aufgedrehten Kinder Nebensache. Sie sind ohnehin längst zu Rrushe gegangen.

Überrascht von Liebe

Wisst ihr, das sind oft die kostbarsten Momente. Du planst sie nicht, manchmal scheinen sie dir sogar ungelegen. Du wirst innerlich gedemütigt, weil deine Wohnung nicht so aussieht, wie du sie am liebsten allen präsentieren würdest. Aber das ist gut so.

Denn wisst ihr was: den Menschen ist doch unser Haus oder unsere Wohnung egal (vielleicht freuen sie sich eher, weil sie sehen, dass es anderen auch so geht wie ihnen).
Selbst falls es welche gibt, die kommen, nur um zu sehen, wie es bei dir aussieht (und das gibt es hier bei uns durchaus) - überrasche sie mit einem Herz voller Liebe, voller Zuwendung, voller Demut.

Schenke den Menschen, die dich besuchen dein ganzes Herz, deine ganze Liebe, deine ganze Aufmerksamkeit! Es lohnt sich!

Es lohnt sich, Arbeit liegen zu lassen und sie später zu machen (ich habe mit einem freudigen Herz meine 25 Becher und Teller gespült).
Nimm dir Zeit.
Lass dich von Gott gebrauchen, diesen Menschen, der neben dir sitzt, zu segnen!
Das ist unser Auftrag!
Das will Jesus von uns!
Von jedem von uns!

Ich lerne da immer weiter und bin Gott so dankbar, dass er mich dadurch lehrt und mir sagt: Rahel, schenke den Menschen dein Herz und deine Liebe und rede von mir!

Ich wünsche euch allen ganz viel Mut und Offenheit, Menschen willkommen zu heißen, gerade dann, wenn ihr unvorbereitet seid. Ja vielmehr: streckt euch danach aus. Denn das ist oft der Weg, durch den ihr und die Menschen, die euch besuchen, am meisten gesegnet werden.

Von Enttäuschung und Vergebung

Als ich heute Morgen gebetet und Gott diesen Tag hingegeben habe, da hätte ich nicht gedacht, dass ich heute Abend hier sitze und diesen Artikel schreibe. Aber ich denke, er enthält eine wichtige Botschaft und Gott will mir und auch dir dadurch etwas sagen.

Also, dann erzähle ich euch mal die spannende Begebenheit dieses Tages:

Unser Stammgast

Schon ziemlich am Anfang unserer Zeit hier in Albanien kam uns regelmäßig ein achtjähriges Nachbarsmädchen besuchen. Sie mag unsere Kinder sehr gerne und sicher auch die andere, für sie besondere Atmosphäre in unserem Haus. Ihre Mutter arbeitet den ganzen Tag an sieben Tagen in der Woche und daher ist Anika (Name geändert) meistens hier in der Nachbarschaft unterwegs.

Heute kam sie auch kurz vor dem Mittagessen. Mir kam das ganz gelegen, denn so konnte sie etwas auf die Kinder aufpassen und ich konnte, mehr oder weniger, in Ruhe kochen. Sie isst verständlicherweise auch immer gerne mit bei uns und nimmt jede Einladung gerne an. Und ich staune immer, was sie alles essen kann. Sicher viermal so viel wie Gideon. 🙂

Nach dem Essen verabschiedete sie sich dann von selbst, was schon eher ungewöhnlich ist. Normalerweise erinnere ich sie daran, dass es Zeit ist zu gehen. Ich war gerade am abspülen und brachte sie daher nicht wie gewohnt bis zur Tür. Warum auch, sie ist ja Stammgast hier.

Der Schock

Nachdem ich etwas Mittagsruhe gemacht hatte, kam mir der Gedanke, meine Mutter anzurufen. So ging ich in den Flur und wollte mein Handy holen, doch es lag nicht an der üblichen Stelle. Ich fragte Danny, ob er mich nicht mal anklingeln könne. Doch in der ganzen Wohnung kein Laut. Ich dachte schon, der Akku wäre leer, aber nach zweimaligem Klingeln wurde immer plötzlich aufgelegt.

Da kam mir das erste Mal der Gedanke, dass Anika das Handy mitgenommen haben könnte. Aber ich wollte nicht vorschnell Verdächtigungen aussprechen und so suchte ich die ganze Wohnung ab. Doch nirgends war das Ding.

Da ich den Vormittag über in der Wohnung gewesen war und außer Anika niemand zu Besuch war, konnte es nur sie gewesen sein. Ich muss zugeben, dieser Gedanke machte mich sehr traurig. Gerade gestern noch waren ihre Eltern das erste Mal bei uns zu Besuch und sie schwärmten, wie wohl sich Anika hier fühle und wie lieb sie mich hätte.

Die Suche

So ging ich runter und beriet mich mit unserer Hausgenossin, Rrushe. Ich nahm mir vor, Anika zu suchen und sie zu fragen, ob sie wüsste, wo mein Handy ist. Zuhause traf ich keinen an, bei der Nachbarin, wo sie auch oft zu Besuch ist, war sie auch nicht. So sah ich keinen anderen Weg, als ihre Mutter auf ihrer Arbeit aufzusuchen. Vielleicht war sie dort.

Etwas schweren Herzens, aber doch entschiedenen Schrittes, ging ich los. Ich betete noch zu Gott, dass er es doch gut mache und mir Weisheit gebe. Als ich gerade auf die Hauptstraße gehen wollte, sah ich etwas weiter unten gerade Anika um die Ecke laufen. Ich rief sie, nahm sie an die Hand und sagte ihr, ich hätte was mit ihr zu besprechen. Ich was sehr froh, sie nun persönlich sprechen zu können und ich ihrer Mutter Peinlichkeiten ersparen konnte.

Die Befragung

Als wir in unserem Garten angekommen waren, setzte ich sie auf die Treppe und fragte sie.
Sogleich liefen die Tränen. Sie sah fertig aus und beteuerte mir aus vollem Herzen, dass sie das Handy nicht gesehen hat und nicht genommen hat. Sie tat mir leid. Und einen kurzen Augenblick dachte ich, was wäre, wenn ich sie nun fälschlicherweise in so eine beklemmende Situation gebracht hatte. Kurzes Innehalten, kurzer Blick zu Danny und dann ging es weiter.

Ich bin ungern hart, aber ich wusste, hier muss ich es sein. Es tat mir im Herzen weh, aber ich musste dieses Kind bis zum Fall bringen, sonst würde sie sich noch mehr verstricken.Ich redete nun so, als wüsste ich ganz sicher, dass sie das Handy hat. Wenn Sie es mir jetzt bringe, dann würde ich nicht mit ihren Eltern darüber reden (ich möchte nicht wissen, was für eine Trachtprügel sie bekommen hätte…).

Falls sie es nicht sagt, könne sie nicht mehr zu uns kommen und ich würde jetzt zu ihren Eltern gehen. Und es half. Kleinlaut und flüsternd sagte sie mir, dass das Handy bei ihrem Onkel sei.

Es durchstach mein Herz dennoch, obwohl ich es wusste. Warum um alles in der Welt hat sie das gemacht? Ich schickte sie sofort los, es zu holen. Nach einiger Zeit (Danny hatte das Handy auch mit dem Ortungssystem ausfindig gemacht) kam sie und holte mein Handy aus ihrer Westentasche.

Das verlorene Schaf

Ich nahm sie unter vier Augen in einen Raum. Warum hast du das gemacht? Warum?
Sie konnte nicht viel sagen. Anscheinend wollte sie es zum Spielen mitnehmen und mir auch wieder geben.

Ich weiß es nicht. Es schien mir jedenfalls nicht so, als hätte sie jemand angestiftet. Ich hielt einige stille Momente mit ihr aus. Ich fragte sie, was wir jetzt machen sollen. Mein Vertrauen ist erst mal beschädigt, verständlicher Weise.

Aber dann erzählte ich ihr von meinem Gott, der gerne vergibt. Ich sagte ihr, dass ich auch Fehler mache und Vergebung brauche, so wie sie jetzt. Und ich sprach ihr Vergebung zu und nahm sie in den Arm. Ich verspürte keinen Ärger, sondern Liebe.

Jetzt, wo ich das schreibe, muss ich an das Thema denken, das wir in dem Kindertreffen die letzten Male hatten. Da ging es um das verlorene Schaf. Sie kam mir vor, wie dieses dumme Schaf, das weggerannt ist, obwohl es ihm so gut gegangen war.

Sie entschuldigte sich dann auch. Dann ließ ich sie gehen. Bevor sie ging, umarmte sie mich nochmals, wie um sicher zu gehen, dass ihr immer noch vergeben ist.

Ich sprach hinterher noch mit Rrushe, die das auch sichtlich mitgenommen hatte.
Und auch ihr gegenüber konnte ich erzählen, dass es Gott viel gekostet hat, um uns diese Vergebung schenken zu können: Jesus Tod.

Ja, das ist eine wichtige Lektion zu lernen und ich bete sehr, dass Gott dadurch in Rrushes Herzen wirkt und Gott diese eigentlich schlechte Situation zum Guten wendet, vor allem für auch für Anika.

Plötzlich sind sie einfach weg - von der Flüchtlingskrise in unserer Stadt

Die Flüchtlingsnot in unsrer Zeit ist immer wieder ein aktuelles Thema in den Medien. Der Durchschnittsdeutsche hat meistens jedoch wenig mit diesem Thema zu tun. Wir gehen davon aus, dass du auch zu diesen Menschen gehörst.

Wir dagegen haben immer wieder mit dieser Flüchtlingskrise zu tun. Dabei geht es nicht um Menschen, die eingepfercht auf irgendwelchen Kuttern nach Italien reisen wollen, sondern um junge Männer, die sich auf verschiedensten Wegen auf den Weg nach England machen.

(Spiegel Online berichtet in dem Artikel Exodus aus dem Kosovo aktuell von der Not im Nachbarland. Die Beschreibung passt genauso auf unsere Situation in Krume.)

Die Flucht in ein "besseres Leben"

Hunderte, wenn nicht sogar tausende junge Männer sind im Laufe der Zeit aus Krume illegal nach England gereist, um dort, meistens in London, ein neues Leben zu beginnen.

Manche von diesen Männern bekommen irgendwann gültige Papiere und können dann beruhigt wieder nach Krume reisen. Zu Neujahr und im Sommer sieht man dann die dicksten Karren in Krume herumfahren.

Was beim Anblick von solchen Autos in den Gedanken der jungen Männer aus Krume vorgeht, will ich nicht wissen.

Die meisten der jungen Albaner arbeiten auf dem Bau oder in Waschanlagen.

Der tägliche Wahnsinn

Anfang letztes Jahres erlebte ich, wie unser Schmied einfach verschwand. Im Oktober dann rief ich meinen Friseur an. Ich hatte ihm hochwertige Haarcreme aus Deutschland besorgt und wollte sie ihm geben. Als ich ihn dann erreichte, war er gerade auf dem Weg aus Albanien nach England.

Eine andere Bekannte verbrachte mehrere Wochen in Frankreich. Drei Versuche illegal nach England einzureisen waren gescheitert. Beim vierten Versuch schaffte sie es dann als blinder Passagier in einem Auto versteckt, das per Autotransporter eingeführt wurde.

Zwei aktuelle Fälle

An der Weihnachtsfeier vom Fitnessstudio waren Fred und Luke (Namen geändert) noch mit von der Partie. Doch letzte Woche habe ich erfahren, dass sie es auch nach England geschafft haben.

Zwei, drei Tage zuvor trainierte Fred noch bei mir im Fitness. Und dann verschwindet er einfach nach England. Um diese Flucht zu finanzieren hat er seinen Golf 4 verkauft. Auf welchem Weg er es geschafft hat, weiß ich nicht.

Luke dagegen hat sich für wenig Geld in Italien einen Pass fälschen lassen und ist dann von Mailand nach London geflogen. Hört sich ziemlich easy an, aber was der für Ängste bei der Passkontrolle ausgestanden hat, will ich nicht wissen.

Das erste, was diese Jungs dann machen, ist bei Facebook ein Bild zu posten, welches beweist, dass sie es geschafft haben.

Die, die zurück bleiben

Zurück bleiben Freunde in Krume, die nun einen weiteren Weggefährten verloren haben. Als ich mit den anderen Jungs darüber sprach, versuchte ich herauszufinden, was sie empfinden.

Einer sprach von Wut, weil er nun einen Freund verloren hatte. Der andere brachte einfach nur seine Resignation zum Ausdruck, in dem er sagte: "Danny, was sollen wir denn machen? Hier gibt es einfach keine Perspektiven für uns."

Ich stellte mir nur vor, wie es wäre, wenn andere meiner Jungs einfach weggingen. Ich stand den zwei oben genannten nicht sehr nahe. Aber es gibt andere Jungs, mit denen ich schon viel Zeit verbracht habe.

Ich fragte: "Was soll ich darüber denken? Seid ihr auch einfach irgendwann weg ohne Tschüss zu sagen?" Ich erhielt keine Antwort.

Sie machten mir nur klar: Jeder hier würde sich sofort auf den Weg machen, wenn er das nötige Geld dafür hätte.

Was mir bleibt

Ich weiß nicht, wann wieder mal einer einfach weg ist. Ich weiß nur, ich muss die Zeit nutzen, solange sie da sind.

Wenn ich mich jetzt nicht investiere in das Leben dieser Jungs, wird es mir irgendwann nicht mehr möglich sein. Wenn ich ihnen jetzt nicht Jesus bringe, dann werden sie vielleicht nie von ihm hören.

Ich will mich also herausfordern lassen von dieser Tatsache. Ich will die Not und Dringlichkeit meines Auftrags erkennen und dementsprechend leben.

Eine Weihnachtsfeier für meine Jungs

Im Fitnessstudio habe ich zur Zeit 11-13 Jungs, die regelmäßig kommen, um dort zu trainieren. Bislang beschränkte sich der Kontakt auf die Begegnung im Fitness und in der Stadt, wenn ich mit dem einen oder anderen Café trinken gehe.

Doch an diesem Weihnachtsfest plane ich etwas besonderes für die Jungs. Ich habe sie zu einer Weihnachtsfeier eingeladen. Damit will ich sie beschenken und Ihnen zeigen, dass sie mir wichtig sind. Ich will mit ihnen eine gute Zeit haben, während wir zusammen in einem Restaurant an einem Tisch sitzen und essen und trinken.

Vor allem möchte ich Ihnen erzählen von Jesus, der Mensch wurde, um uns zu retten.

Als ich die Einladung mit meinem Sprachlehrer vorbereitete, brachte er den Einwand: "Nenn deine Feier doch lieber Neujahrsfeier". So heißt das große Fest hier in Albanien. Sein Argument war, dass die muslimischen Jungs sich an diesem Namen stoßen würden. (Der Name im albanischen "Feier von Christi Geburt" ist viel anstößiger als das nichtssagende deutsche Wort "Weihnachten")

Ich glaube ich konnte ihm erklären, dass mir der Name und der Anlass besonders wichtig sind.

Nun bleibt abzuwarten wie die sieben muslimisch-gläubigen Jungs reagieren und ob sie diese Einladung annehmen.

Ich hoffe und bete sehr, dass sie kommen.

Ich freue mich, wenn du mitbetest für diese Feier.

Ich wünsche mir sehr, dass Gott meine Geste und meine Worte gebraucht, um die Herzen der Jungs zu öffnen.

Wie mir Menschen ihr Herz öffnen

Es ist für mich mit eine der schönsten Erfahrungen hier zu sehen, wie Gott Herzen von Menschen öffnet. Das merke ich unter anderem daran, dass sie mir mehr und mehr von ihrem Herzen erzählen. Das sind ganz besondere Augenblicke für mich und berühren sehr mein eigenes Herz.

Gestern hatte ich zwei von diesen Begegnungen.

Der Besuch von Adelina

Eine Nachbarin kam mich besuchen. Das ist etwas sehr besonderes, weil die Menschen hier nicht sehr oft den Weg zu meinem Haus finden. Ich lade zwar viele ein und alle wollen auch gerne kommen, aber dann scheint doch zu viel wichtiger zu sein. (Kenne ich zu manchen Zeiten ehrlich gesagt auch.)

Adelina hatte es aber geschafft. Sie hat seit Geburt an eine Hüftdysplasie, die nicht behandelt wurde und läuft nun, 25 Jahre später, entsprechend schlecht. Sie lebt mit 18 andern Leuten unter dem Dach eines kleinen Hauses. Wenn ich bei ihnen bin, haben wir oft nicht die Zeit, uns in Ruhe zu unterhalten.

Nun hatten wir Ruhe und etwas Zeit. Ich fragte nach ihrer Familie. Ihr Vater ist gestorben, als sie fünf Jahre alt war und ihre Mutter war gerade mit dem 4.Mädchen schwanger. Seit einiger Zeit ist ihre Mutter psychisch krank. Sie war in der Klinik und ist nun mit Medikamenten eingestellt und lebt bei einer verheirateten Schwester.

Adelina hat Lehramt studiert, findet aber hier keine Arbeit. So lebt sie bei ihren Verwandten und arbeitet dort mit. Sie erzählte mir, sie hätte ein kleines Buch, das den Titel trägt: „Wie man glücklich leben kann“. Das erweckte meine Aufmerksamkeit. Ich fragte sie über den Inhalt des Buches, doch sie wusste es nicht genau.

Und dann fragte ich sie, was ihr Leben glücklich macht. Sie konnte mir diese Frage nicht beantworten. Sie sprach nur davon, irgendwann einmal heiraten zu wollen. Mit ihrer körperlichen Behinderung wird sie es nicht so leicht haben, einen guten Mann zu finden. Doch ich hoffe, ihr bald von dem mehr erzählen zu können, der mein Leben glücklich macht.

Mein Besuch bei Rrushe

Später war ich bei der lieben Rrushe. Rrushe und ShabanAls meine Mutter da war, zeigte sie uns ihr selbstgemachtes Brautkleid. Sogar den Stoff hat sie selbst gewebt. Wir hatten damals sehr schöne Fotos gemacht, auch mit ihr und Shaban. Ich schenkte ihr eines davon in einem goldenen Rahmen. In ihrem Wohnzimmer hängt noch ein anderes Bild von den beiden, als sie jung waren.

Rrushe setzte sich nah zu mir und erzählte mir, dass dieses Foto entstand, als sei in Tirana waren und ihnen endgültig gesagt wurde, dass sie keine Kinder haben können. Das war zehn Jahre nach ihrer Heirat.

Mit Tränen erzählte sie, wie der Vater von Shaban diesem andere junge Frauen vorstellte, um sich eine auszusuchen, die dieser existenziellen Pflicht des Kinderkriegens nachkommen könne. Doch Shaban wollte nicht. Er sah es als sein Schicksal an und blieb seiner Rrushe treu. Die beiden verbindet, wie ich finde, eine ganz besondere Liebe, wenn auch anders, als wir es kennen.

Es ehrt mich, dass Rrushe mir immer mehr aus ihrem bewegten Leben erzählt. Auch wenn ich nicht immer alle Worte verstehe, in ihren Augen und in ihrem Gesichtsausdruck kann ich sehr viel lesen.

Und ich nehme ihre Hand in meine und drücke sie und erzähle ihr einmal mehr von unserem wunderbaren Gott, der alles in seinen Händen hält. Und einmal mehr bete ich in meinem Inneren für sie, meine liebe „Ersatzmutter", dass Jesus sie findet und zu sich zieht!

Wie bunte Post meinen Tag verschönert

Mein Geburtstag liegt zwar schon eine Woche zurück, aber meine Freude war sehr groß, als mir gestern vier schöne bunte Briefe ins Haus geflattert kamen. Geburtstagspost!

Als hätten sich diese vier lieben Leute abgesprochen in der Farbwahl ihres Kuverts. Und da ich mich sehr an allem freue, was einfach schön ist, so auch an diesem Anblick, ganz ohne den Inhalt gelesen zu haben. Gideon hätte sie sich auch gerne unter den Nagel gerissen, aber das ließ ich natürlich nicht zu.

Also, vielen, vielen Dank an euch, ihr vier lieben Freundinnen! Ihr habt mir meinen Tag sehr verschönert und mich durch eure Worte sehr ermutigt.

Übrigens wurden die Briefe am 3., zwei am 8. und einer am 11. 9. abgeschickt. Nur damit ihr ungefähr wisst, wie lange Post bis zu uns dauern kann...

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Bin ich ein Boss oder Diener?

Als Chef vom Fitnessstudio könnte man mich als Boss bezeichnen. Und genau das tat Edmond, als er zuletzt meine Nummer in sein Handy einspeichern wollte. Er fügte zu meinem Vornamen einfach den Titel "Boss" in das Feld für Nachname ein. Das sah dann in seinem Handy so aus. deni boss

Allerdings fühlte ich mich bei diesem Titel nicht wohl. Rechtlich gesehen bin ich wohl der Boss, denn ich trage die Verantwortung. Von den Jungs im Fitness will ich aber keinesfalls als Boss bezeichnet werden.

So sagte ich dem Edmond, ich hätte einen besseren Titel, den er verwenden könne. Für die Menschen in der Stadt und auch für die Jungs im Fitness will ich ein Diener sein. Das hört sich komisch an, aber genau so ist es.

Doch wie sollte ich dem Edmond diese Tatsache vermitteln. Ich kannte nur das Verb für dienen = sherbim. Damit versuchte ich ihm zu erklären, wie ich bezeichnet werden will. Allerdings machte es nicht gleich klick bei ihm. Ich brauchte weitere Erklärungsversuche, bis wir den richtigen albanischen Begriff für Diener fanden. Sherbyes. Edmond war natürlich erstaunt und konnte es gar nicht fassen, aber er gab sich damit zufrieden.

Ja, nun bin ich als Kontakt in Edmonds iPhone tatsächlich "Deni Sherbyes". Also Danny Diener, um es in Deutsch auszudrücken.

Ich glaube nicht, dass ich diesen Titel nun ein für alle Mal als Spitznamen mit mir herum tragen werde. Aber Edmond und seinem Freund Meridian konnte ich erklären, was ich mit diesem Titel beabsichtige.

Ich will für die Menschen da sein, sie lieben und ihnen dienen.

Wir waren uns einig, dass dies absolut nicht Kultur angepasst ist. Denn wenn jemand in Albanien der Chef oder Boss ist, dann verbindet er diese Aufgabe keinesfalls mit der Identität eines Dieners.

Ich habe mich entschieden entgegen der Kultur zu handeln. Ich will Autorität durch meine liebende, hilfsbereite, entgegenkommende Haltung gewinnen und nicht durch einen Titel und die rechtliche Stellung.

Jesus ist mir hier das größte Vorbild, der auch als Boss auf diese Welt kam. Immerhin hatte er sie geschaffen. Doch er gab sich nicht als Boss aus, sondern er war da, um den Menschen zu dienen und sein Leben zu geben. Er erniedrigte sich selbst, wurde einer von uns und war Gott gehorsam bis zum Tod. (vgl Markus 10,45, Phil 2,5-11)

Diese Selbsterniedrigung verschaffte ihm am Ende die allerhöchste Autorität, die er nun für immer innehat.

Und so will ich ihm an Ende danken:

Danke Jesus, dass ich dich nachahmen darf und dass ich ein Diener sein darf, in einer Kultur, der das völlig fremd ist.