Was ich auf meiner ersten albanischen Hochzeit erlebte

von Rahel Fröse am 22. August 2015

Vor einigen Wochen hat meine liebe Freundin geheiratet. Ich war die einzige, die außerhalb ihrer Familie eingeladen war. Nun wartete die erste richtige albanische Hochzeit auf mich, an der ich komplett teilnehmen würde.

Die Idee

An dem Tag als es am Abend starten sollte, bestellte mich meine Nachbarin und gute Freundin zu sich und fragte mich, ob ich nicht die traditionelle Tracht am Abend tragen wollte. Erst zögerte ich etwas, doch als ich hörte, dass ich nicht den ganzen Abend damit rumlaufen musste, sondern erst zu einem bestimmten Zeitpunkt ich mich umziehen müsste, war ich bereit, die doch sehr schwere und sehr aufwendig gemachte Tracht zu tragen. Davor probierte ich sie an. Hier könnt ihr sehen, wie ich aussah.

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Gar nicht so schlecht, oder?

Die Hochzeit beginnt

Dann ging es am Abend los. Üblicherweise wird auf albanischen Hochzeiten zu ohrenbetäubender Musik im Kreis getanzt. Ich wusste schon, dass ich diesmal nicht drum herum kommen würde zu tanzen. Doch da ich mich ja unter “Freunden” befand, fiel es mir doch leichter, mich einzureihen. Als ich dann den ein und anderen Tanz konnte, da merkte ich, welches Gemeinschaftsgefühl einem diese Art des Tanzens gibt. Ich fühlte mich wie eine von ihnen.

Ich tanzte viel, richtig viel. Und das schöne war, ich konnte mich ganz darauf einlassen. Egal, was andere denken. Egal, was ich selbst denke.

Gegen halb zehn wurde gegessen. Ich saß zwischen all den zahnlosen alten Tanten und Omas. So besorgt schoben sie mir immer mehr Essen zu und immer wieder begegneten meine Augen in der Dämmerung den von Falten klein gewordenen Augen dieser besonderen Menschen.

Jetzt wird es ernst

Nach und nach kamen alle Frauen, alt und jung, aus dem ganzen Viertel. Irgendwann saßen dann sicher über 100 Frauen und vereinzelt auch Männer im Kreis um die Tanzwiese.
Dann bekam ich mit, wie um ca. 23 Uhr einige Frauen ins Haus gingen, um sich umzuziehen.
Jetzt oder nie, dachte ich. Und obwohl ich sehr müde war und mein Bauch von all dem Essen auch etwas gebläht war, zog ich schnell mit meiner Nachbarin los, um mich umzukleiden. Ihre kleinen Kinder auf dem Bett im Schlafzimmer schlafend und ich am Tracht anziehen. Schon komisch.

Etwas zögerlich ging ich dann wieder zur Hochzeitsgesellschaft zurück. Sicher hatten sie noch nie einen Ausländer in ihrer Tracht, die doch sehr besonders ist, gesehen. So jedenfalls deutete ich ihre Blicke. Die ein oder andere ältere Frau zupfte noch an mir rum, den Rock tiefer, den Gürtel schräger… Ich ließ es gerne und lächelnd über mich ergehen.

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Der kurze Schock

Insgesamt waren wir dann mit der Braut ungefähr fünf Frauen in Tracht. Dann hieß es plötzlich, dass wir nun vortanzen. Ich dachte, ich höre nicht recht. Die Tänze konnte ich noch nicht ganz exakt. Doch Gott sei dank, es kam genau der, den ich schon ziemlich sicher beherrschte.
So tänzelte ich in der schweren, albanischen, typisch hasianischen Tracht an all den Frauen meines Viertels vorbei. Und es ging mir sehr gut dabei, wer hätte das gedacht.

Ups…

Der peinlichste Moment kam dann aber doch noch: es war “Freestyle” Tanz angesagt. Ich hatte eigentlich zuvor schon mitbekommen, dass man diesen doch zu zweit tanzt. Man hält sich nicht fest, dennoch tänzelt man immer umeinander herum. Mir wurde dann die Braut zugeteilt. Irgendwie war mir das nicht bewusst. So tanzte ich über die Fläche, schäkerte noch mit kleinen Mädels in Tracht, bis dann die Braut angetanzt kam (da sie eine Hüftdysplasie hat, war sie auch etwas langsamer unterwegs). Sie flüsterte mir nur zu: du musst mit mir tanzen. Oh, das tat mir leid und ich konnte nur verlegen zu den grinsenden Mädels am Rand lächeln.

Aber genau das bedeutet es, in einer anderen Kultur zu leben: Fehler machen. Doch wir müssen bereit sein, immer wieder einzutauchen und es in Kauf zu nehmen. Und vor allem braucht man die Gabe, über sich selbst zu lachen. Das tat ich…

Insgesamt war dieser Abend eine sehr gute Erfahrung für mich und ein tiefes Eintauchen in die albanische Kultur und in das Leben der Menschen hier.

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