Wo das Lügen das Normalste ist...

von Rahel Fröse am 8. Dezember 2016

Wenn man sich entscheidet, in ein fremdes Land zu gehen, eine neue Sprache zu lernen, eine andere Kultur kennenzulernen, dann denkt man vielleicht zuerst an alle möglichen Dinge.
Vielleicht denkt man daran, dass die Begrüßung anders ist oder das Essen, dass die Menschen anders aussehen und sich verhalten. Man denkt daran, dass Dinge einfach anders sind. Und wir haben gelernt: anders heißt nicht schlechter.

Vor kurzem schrieb mir eine Freundin von ihren Erfahrungen im Ausland. Dabei ging es um die Pädagogik. Die ist sehr anders und es fällt schwer nicht zu sagen, sie ist schlechter. Oder vielleicht etwas freundlicher ausgedrückt: sie entspricht so ganz und gar nicht unseren Maßstäben, unserem Forschungsstand, unseren Wünschen.

Dennoch, was mich immer wieder an den Rand meiner Anpassungsfähigkeit bringt ist die Tatsache, dass Lügen so normal und akzeptiert ist. 
Lügen, so bringen wir es unseren Kinder bei, ist nicht gut. Wir lügen nicht. Das steht schon in den 10 Geboten unseres Gottes.

Doch was mache ich nun, wenn meine ältere Nachbarin ganz unverblümt ihre Enkel und meine Kinder anlügt.
"Mama, da kommt gleich eine Frau mit einer Spritze und spritzt uns..." Kommen meine Kinder ängstlich angelaufen. Sie kennen das Konzept nicht, dass Erwachsene einfach lügen. Sie glauben es und noch Tage später fragen sie mich nach dieser Frau.
Was tue ich nun. In gewisser Weise stelle ich meine Nachbarin bloß, wenn ich sage, dass sie nicht die Wahrheit gesagt hat. Und das auch nicht gut ist.
Aber hier werden Kinder mit Lügen erzogen. Das ist das Normalste. Und für mich so schwer. Eine Spannung, ein immer wieder im Gespräch bleiben mit meinen Kindern.

Dann kommt Livia zu mir und erzählt, Gideon hat ein Glas kaputt gemacht. Wie sich herausstellt, war es nicht ihr Bruder, sondern sie selbst. Ganz ohne Scheu tut sie das. Ich hatte sie nicht gefragt, von sich aus lügt sie einfach, ohne schlechtes Gewissen.
Nun weiß ich auch, dass das ebenso in Deutschland passiert und Kinder nicht davor zurückschrecken, zu lügen. Ich weiß, ich weiß.

Dennoch, es macht mir zu schaffen, in einem Land der 1000 Lügen zu leben, in einer Gesellschaft, in der das, was falsch ist, einfach ganz offen und ohne Scheu getan wird, und das noch vor meinen Kindern.

Das ist nur ein kleines Beispiel. Eine der vielen Herausforderungen. Etwas, was einem nicht bewusst ist. Und gleichzeitig ein Aufruf zum Gebet, für uns und die Menschen hier, die in noch viel schlimmeren Lügen gefangen sind.

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